Waldniel: Entsetzen im Schulzentrum

Erneut hat ein Jugendlicher Gewalt angekündigt. Der Polizei-Einsatz kostete rund 50.000 Euro.

Waldniel. "Mama, was ist in der Schule los? Was ist mit meiner Schwester? Wir kriegen hier komische SMS, dass alle auf dem Boden liegen müssen und die Türen abgeschlossen sind."

Dieser Anruf einer Zehntklässlerin vom St. Wolfhelm-Gymnasium erreichte die Mutter am Freitagmorgen. Die Schüler sind auf Klassenfahrt in Frankreich - und in heller Aufregung. Es gibt eine Amokdrohung gegen das Waldnieler Schulzentrum.

Die Polizei nimmt die Lage ernst, rückt mit großem Aufgebot an. Mehr als 150 Beamte sind im Einsatz - darunter auch Spezial-Einsatzkräfte und Teile einer Einsatz-Hundertschaft. Im Bus zur Schule hatte eine zwölfjährige Gymnasiastin ein Gespräch zwischen zwei Jungen mitgehört.

Ein 15-Jähriger hatte einem Zwölfjährigen erzählt: "Ich habe eine Pistole unter dem Pulli, und ich gehe jetzt im Schulzentrum ein bisschen Trouble machen." Die Gymnasiastin vertraute sich einer Lehrerin an, diese informierte die Direktorin. Die Schulleiterin rief die Polizei.

Zu diesem Zeitpunkt saßen in den drei Schulen rund 2.000 Schüler im Unterricht, der gerade begonnen hatte. Noch Anfang der Woche hatten die Waldnieler Schulleiter mit der Gemeindeverwaltung die Notfallpläne beraten - vor dem Hintergrund von Winnenden.

Dann erfolgte am Mittwochmorgen die Festnahme eines Realschülers aus eben diesem Waldnieler Schulzentrum, der einen Amoklauf im Internet angekündigt hatte. Er wird bereits am 31. März vor dem Richter stehen.

Weil die junge Zeugin, die von der Polizei ausdrücklich für ihren Mut gelobt wird, sicher ist, dass die beiden Jungen Schüler der Niederkrüchtener Hauptschule sind, rücken dort die Beamten an. Es werden auch Schüler festgenommen - aber das sind die Falschen.

Der Richtige ist gar nicht zum Unterricht erschienen. Die Polizei findet ihn gegen 11 Uhr gemeinsam mit seinem jüngeren Kumpel, vor dem er geprahlt hatte, und zwei weiteren Schulschwänzern im Ortskern von Waldniel.

In den Klassen in Waldniel macht sich teilweise Panik breit. Die Handys glühen heiß. Immer mehr Eltern haben eine Nachricht erhalten und stehen angsterfüllt an der Polizeiabsperrung. Teilweise bricht das Handy-Netz zusammen.

Zehntklässler Max ruft nicht an: "Meine Eltern hätten viel zu viel Angst gehabt." Stattdessen telefonieren er und sein Klassenkamerad Tobias mit Freundinnen in der Realschule. Einige Lehrer begleiten Kinder, die mal müssen, zur Toilette, in anderen Klassen muss der Papierkorb dafür herhalten.

Im Altbau des Gymnasiums sind gleich zu Beginn einige Schüler aus dem Fenster im Erdgeschoss geklettert. Sie warnen Fünftklässler, die vom Schwimmunterricht zurückkehren. In der Aula läuft gerade eine Schulaufführung des Kindertheaters Tintenklecks. Auch Grundschüler sind da. Sie sitzen genau wie alle anderen fest, bis das Gebäude um etwa 11.30 Uhr geräumt wird.

Die beiden Übeltäter sind schon auf dem Weg nach Viersen, wo sie den ganzen Nachmittag vernommen werden. Eine Waffe haben die Beamten nicht bei dem 15-Jährigen gefunden, auch die Durchsuchung des Biotops der Realschule brachte nichts. Dort hatte eine Fünftklässlerin am Morgen "jemanden, der da nicht hingehört" gesehen.

Für den Jungen wird es ernst: Etwa 50.000 Euro soll der Einsatz nach Polizeiangaben gekostet haben. Die müssen seine Eltern tragen. Der Abteilungsleiter Polizei, Utz Schmidt, warnt noch einmal eindringlich mögliche Nachahmer: "Das wird nicht nur richtig teuer, das schafft nicht nur traumatisierte Schüler, ihr bringt euch auch selbst in Gefahr."

Wenn die Polizei nach Ermittlungen nachts mit Spezialkräften ein Haus durchsuche, in dem sie einen bewaffneten Menschen vermute, dann könne es bei einer falschen Reaktion möglicherweise zu "unerwünschten Ereignissen" kommen. Was damit gemeint ist: Ein Beamter, der sich bedroht sieht, schießt vielleicht.

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