Viersen: Haftstrafe für Schüsse auf offener Straße

Der Schütze muss für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis und Schmerzensgeld zahlen, urteilte das Gladbacher Landgericht.

Viersen. Für fünfeinhalb Jahre muss der Wuppertaler Seyho H. (51) ins Gefängnis, weil er am 4. Juli 2011 den Imbissbudenbesitzer Ökkes B. über den Viersener Rathausmarkt gejagt und ihn mit zwei Schüssen verletzt hatte. Die Projektile trafen das Opfer am Bein und im Gesäß.

Der Angeklagte hatte sich während des gesamten Prozesses dagegen verwehrt, dass es um Spielschulden gegangen sein soll — er sprach immer von einem „Darlehen“, das das Opfer nicht zurückgezahlt habe. Diese Schulden habe er an jenem Tag einfordern wollen — auf offener Straße, mitten in der belebten Innenstadt. Deshalb lautete die Anklage ursprünglich auch auf versuchte räuberische Erpressung. Verurteilt wurde H. jetzt aber wegen gefährlicher Körperverletzung, Führens einer halbautomatischen Schusswaffe und Nötigung.

Dass Ökkes B. sich etwa drei Jahre vor der Tat in Viersen bei H. Geld geliehen hatte, ist unstrittig. Nur wieviel — das hat das Gericht nicht zu ergründen vermocht. Das Opfer spricht von 900 Euro, die es aber zurückgezahlt haben will, der Täter rechnet 1800 Euro zusammen, weil er auch die Schulden bei einem anderen Mitspieler übernommen habe. Tatsächlich forderte er am Tattag aber 10 000 Euro. Die Richter nahmen nicht an, dass er damit rechnen konnte, dieses Geld zu bekommen — deshalb keine Erpressung. Vielmehr glauben sie, dass er aus Wut und Frust handelte.

Zunächst hatte H. auf den linken Unterschenkel des Opfers gefeuert — eine Verletzung, unter der B. heute noch leidet, wie ein Sachverständiger erklärte. Die Schmerzen seien nur mit starken Medikamenten zu ertragen. Ob eine weitere Operation erforderlich sei, ob das Bein überhaupt wieder völlig hergestellt werden könne, lasse sich erst in einem Jahr sagen.

Deshalb sprach das Gericht ihm auch ein Schmerzensgeld von 15 000 Euro zu, das der Verurteilte zahlen muss. Nebenklage-Anwalt Gerhard König hatte 20 000 Euro gefordert.

Im Anschluss an diesen ersten Schuss war B. über den Rathausmarkt bis in ein Kaiser’s-Geschäft geflohen. Auf der Flucht schoss H. ein zweites Mal und traf B. im Gesäß. Diese Verletzung gilt inzwischen als weitgehend ausgeheilt. Später schlug er noch auf sein Opfer ein, wie mehrere Zeugen bestätigten.

Die Untersuchung der Pistole hat ergeben, dass ein weiterer Schuss nicht möglich gewesen wäre, weil sich eine Kugel verklemmt hatte. „Vielleicht war das gut, nicht nur für meinen Mandanten, sondern auch für den Angeklagten“, sagt König.

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