Schloss Liedberg: Eine Burg nach alten Vorlagen

Im Frühjahr geriet Schloss Liedberg wegen mysteriöser Schuhfunde in die Schlagzeilen. Jetzt wird die alte Anlage von Grund auf saniert.

Niederrhein. Wirkliche Klarheit herrscht immer noch nicht über die Ursache, warum ein früherer Bewohner von Schloss Liedberg etwa um das Jahr 1700 eine Reihe getragener Schuhe in die Mauer des alten Turms einmauern ließ-hoch genug an der Wand, um sie nur durch Zufall zu entdecken.

Tatsache ist jedoch, dass der Fund der Schuhe im Frühjahr dieses Jahres im Turm von Schloss Liedberg bei Korschenbroich das alte Gebäude in der gesamten Bundesrepublik bekannt machte-und Mediävisten, also Mittelalterforscher, weiter beschäftigen wird. Denn einen Fund in dieser Größenordnung hat es in Deutschland bislang nicht gegeben.

"Wir haben in den Monaten nach der Veröffentlichung des Fundes aus ganz Deutschland Berichte über zahlreiche weitere eingemauerte Schuhe erhalten", erklärt Dr.Kristin Dohmen, Referatsleiterin für Bauforschung beim Landschaftsverband Rheinland (LVR).

Die Wissenschaftlerin vermutet als Grund für die lange zurückliegende Tat nach wie vor den Aberglauben an einen Abwehrzauber, der über Jahrhunderte in Deutschland recht verbreitet gewesen sei, zu Beginn des 19. Jahrhunderts jedoch in Vergessenheit geriet. Da sich derartige Funde stets in der Nähe von Schwachstellen des entsprechenden Gebäudes, etwa Fenstern oder Kaminen, fänden, läge der Schluss nahe, dass "durch die Schuhe böse Geister vom Gebäude ferngehalten werden sollten".

Im Zuge der derzeitigen Sanierung wurden die gefundenen Schuhe-im einzelnen mehrere hervorragend gearbeitete Damen- und Kinderschuhe, die immerhin verrieten, dass ihre Träger einen gesellschaftlich hohen Rang bekleideten-direkt wieder an Ort und Stelle in der Mauer des alten Turms eingemauert.

Seither sind die auf knapp zehn Jahre angelegten Sanierungsarbeiten weiter fortgeschritten, derzeit wird der Dachstuhl des Gebäudes errichtet. Ein Blick auf die Baustellentafel offenbart: Die Sanierung ist eine Gemeinschaftsarbeit von niederrheinischen Handwerksspezialisten: Neben Firmen aus Mönchengladbach sind Betriebe aus Nettetal und Viersen beteiligt.

"Als ich das Gebäude im Jahr 2007 erworben habe, wurde von einer Sanierungszeit von etwa zehn Jahren ausgegangen", berichtet Peter Overlack, Unternehmer aus Mönchengladbach. Nach wie vor wird ein Fertigstellungstermin für das Jahr 2017 anvisiert. Ein denkmalgeschütztes Gebäude dieser Art benötige jedoch auch eine so lange Zeit.

"Das hat zum einen damit zu tun, dass die Kosten nicht mal eben auf einen Schlag bezahlt werden können, sondern erst verdient werden müssen, zum anderen aber, dass so ein Vorhaben sorgfältig geplant und durch Experten ständig überwacht werden muss", so der Schlossherr. "Da ist es ein grober Fehler, wenn nur auf einen schnellen Abschluss der Sanierungsarbeiten geachtet wird."

Zwischen fünf und sieben Millionen Euro wird die Sanierung etwa kosten. Danach wird Overlack das Schloss selbst bewohnen. Als Mittelalterfan betrachtet er sich jedoch nicht. "Ich habe vielmehr ein Interesse daran, den hohen kulturellen Wert zu bewahren, der von so einem Gebäude ausgeht." Daher sei es für ihn auch wichtig, selbst Bewohner des Gebäudes zu werden. "Dann hängt man ganz anders an so einer Sanierung."

Als im April die Schuhe wieder in die Wand gemauert wurden, gab auch Overlack einen getragenen Schuh dazu, um die Tradition nicht zu brechen. Mit in die Wandhöhlung kam ein persönlicher Brief an künftige Generationen. "Ich beschreibe, wie sich das Leben im Jahr 2010 anfühlt." Der Schuh allerdings ist ein gewöhnlicher Durchschnittsschuh. Overlack: "Ein brauner Treter, von dem ich mich für diese Aktion gerne getrennt habe."

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