Niederrhein: Viel Wind um große Räder

Vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf geht es um Rotorblätter, Schall und Schattenwurf.

Niederrhein. Regenerativen Energien gehört die Zukunft. Da sind sich alle einig. Nur in der praktischen Ausführung, da hakt es immer wieder. Das belegt ein Beispiel aus Straelen.

Da streiten sich seit Jahren ein Windenergiebetreiber, der Kreis Kleve sowie Anwohner. Die Bezirksregierung macht eine unrühmliche Figur, und vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht gibt es viel Wind um Rotorblätter, Schall und Schattenwurf. Für das Gericht geht es um eine Nachbarklage gegen die Baugenehmigungen, wie es lapidar im Juristendeutsch heißt.

Und dieser Kampf gegen Windmühlenflügel hat schon etwas von Don Quixote. Denn der klagende Anwohner, nennen wir ihn Peter Müller, ist wohl ein wenig überrollt worden von der geballten Energie der Windparkbetreiber, wie auch der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Düsseldorf, Ulrich Köster, einräumt.

Er habe nichts gewusst von den Windrädern, sagt Müller. Er betreibt einen abseits gelegenen Ponyhof, und er sei völlig überrascht gewesen, dass der Kreis Kleve die Windräder so mir nichts dir nichts genehmigt habe. 2003 war das. Damals legte Müller Widerspruch ein. Damit beginnt der bis heute andauernde Hickhack.

Die Firma verändert den Windrad-Typ, reduziert die Leistung von 1500 auf 1200 Kilowatt, der Kreis erteilt eine Nachtragsgenehmigung. Wieder ergeht Widerspruch, doch die Behörden bleiben untätig, sagt Müller.

2005 werden Fakten geschaffen. Baufahrzeuge rücken an, die Windräder werden errichtet. Leider mit unschönen Begleitumständen. Müllers Gelände wird regelrecht umgepflügt, es sollen auch Zäune in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Müllers Grundstück war durch Baufahrzeuge blockiert.

Das alles trägt nicht zur Entspannung der Lage bei. Aber zur Klage kommt es erst, als die zuständige Düsseldorfer Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde auf den Widerspruch gegen den Genehmigungsbescheid nicht reagiert. Müller klagt wegen Untätigkeit. Vor dem Verwaltungsgericht kann sich Richter Köster einen Seitenhieb gegen die Bezirksregierung nicht verkneifen, äußerst ärgerlich sei das, das grenze ja an Arbeitsverweigerung der Behörde.

Seit vier Jahren lebt Müller nun mit den Windrädern als Nachbarn, doch arrangiert hat er sich bis heute nicht. Auch, dass viele Benutzer seines Reitstalles die Unterschriftenaktion gegen die Windräder nicht unterschrieben, weil das doch eine gute Sache sei, stimmt ihn nicht um. Er geht den Instanzenweg, und vor dem Verwaltungsgericht werden technische Details ausgebreitet.

101 dbA erzeugen die Windräder direkt am Motor, wie verteilt sich der Schall? An Müllers Haus bleibt er auch nachts unter den zulässigen 45 dbA, sagen die Gutachter. Es geht um elektronische Lärmbegrenzung, Rotorblätter, die sich selbst nach dem Wind ausrichten, bis zu 1000 Meter lange Schatten, die die Windräder werfen, und Eis, das sie im Winter verlieren.

Aber das alles, das wird in der Verhandlung deutlich, spricht nicht gegen die Windräder. Die Genehmigung der Kreisverwaltung ist in Ordnung, entspricht allen Normen und bisherigen Erkenntnissen, macht die Verhandlung deutlich.

Was Ponyhof-Betreiber Müller vor allem in diesem Verfahren lernt: Er lebt zwar in einem Außenbereich, aber der ist nicht besonders geschützt. "Ich kann Sie menschlich verstehen", sagt Richter Köster. "Sie haben immer in völliger Ruhe gelebt und nun so ein Windrad vor der Nase; ich persönlich fände das auch nicht schön."

Aber helfen wird das Müller nicht. Er hat seinen Kampf gegen die Flügel verloren.

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