Niederrhein: Atze setzt auf Schwarz-Rot-Gold

Sein neues Programm heißt „Revolution“. Im WZ-Gespräch äußert sich Comedian Atze Schröder zu Nationalhymne und Deutschlandfahne.

Niederrhein. WZ: Herr Schröder, es ist WM, die deutschen Fahnen wehen. Müssen wir uns Sorgen machen?

Schröder: Manchmal habe ich das Gefühl, aber dann gucke ich in die Autos und denke: Mhm, ja, das passt. Und dann mache ich mir keine Sorgen mehr.

Schwenken Sie denn die Fahne für unser Team?

Schröder: Ich schwenke eher im Geiste. Und eine Außenspiegelflagge habe ich mir auch nicht angeschafft. Dafür setze ich bei den Lebensmitteln auf Schwarz-Rot-Gold: Schwarz gebratene Würstchen, rotes Ketchup und goldener Senf.

Woraus besteht der Fußballpatriotismus für Sie?

Schröder: Ich bin ja oft beim BvB in Dortmund im Stadion. Fußballpatriotismus ist, wenn da Bodo Hombach mit einem Schal sitzt und jubelt, er sich aber kurz darauf umdreht und eine Diskussion über Herta Müller beginnt. Fußballpatriotismus ist verrückt, sympathisch, gewaltfrei und gerne auch ein bisschen intellektuell. Im Übrigen gilt: Besser Bier und Bauch als Blut und Boden.

Ist es dann überhaupt Patriotismus?

Schröder: Ja, denn es ist die Liebe zu etwas. Zu etwas, das auch Halt gibt und Beständigkeit hat.

Was bedeutet die omnipräsente Deutschlandfahne?

Schröder: Sie bedeutet, dass wir einfach lockerer mit unseren Farben umgehen. Wir beginnen langsam, unsere Fahne zu lieben. Wie viele andere Nationen auch. Ich freue mich, wenn in der Stadt neben der deutschen auch die griechische oder die italienische Fahne weht.

Die Spieler Özil, Podolski, Khedira, Trochowski singen die Nationalhymne nicht mit. Ist das okay?

Schröder: Absolut. Ich habe noch nie mitgesunden und empfinde mich absolut als guter Deutscher. Wir sollten das viel lockerer sehen. Dass sich etwa Ozil entschieden hat, für Deutschland zu spielen, ist ein Zeichen, nicht, ob sie singen.

Wo endet ihre Definition vom guten Deutschen?

Schröder: Wenn zur Gewalt gegen andersdenkende oder aussehende Menschen aufgerufen wird. Wer Hass und Gewalt verbreitet, ist es definitiv nicht.

Was ist für Sie ein Patriot - abseits des Fußballplatzes?

Schröder: Ein Demokrat, der sich entschieden hat, sein Land zu lieben und es jeden Tag etwas verbessert. So unterstütze ich ein Hilfsprojekt in Ghana, das mir sehr viel bedeutet.

Was ist der erste Schritt, um in Ihrem Sinn Patriot zu werden?

Schröder: Man könnte jedem Neonazi lachend und singend mit der Deutschlandfahne in der Hand gegenübertreten und ihm zeigen: Das ist Deutschland - du bist es nicht.

Sie sind Berufs-Comedian, arbeiten mit der deutschen Sprache, leben sie - aus Liebe zu unserer Sprache?

Schröder: Ja, ich liebe die deutsche Sprache. Ich kann mich für Gedichte begeistern und bin ein Verehrer von Hermann Hesse. Allen Nachwuchs-Kachelmännern kann ichwirklich nur raten, "Stufen" von Hesse zu lesen. Da bekommt man noch mal richtig gute Ideen für eine Liebes-SMS.

Obwohl Sie Deutschland lieben, sprechen Sie als Comedian in ihrem neuen Programm von Revolution. Warum?

Schröder: Weil eben auch bei uns vieles noch falsch läuft. Es kann doch nicht sein, dass sich eine alleinerziehende Mutter die Zahnspange für ihre Tochter nicht leisten kann und Banker 20 Millionen Abfindung bekommen. Doch statt dagegen etwas zu tun, löst sich die Regierung im Bund lieber auf. Und in NRW will erst gar keiner ran. Das muss ich doch mal ansprechen - auch im Gladbacher Hockeypark.

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