Museum Dorenburg: Heiße Platten in der Stube

Ausstellung zeigt Gusseisernes aus vergangenen Zeiten: kunstvoll verziert und bis zu 240 Kilo schwer.

Grefrath. Schwitzen gehörte zu seinem Beruf: Meister Anton hatte mit glühendem Eisen zu tun und mit schweren Platten. Harte Arbeit also. Doch der Meister war nicht nur stark, sondern auch künstlerisch begabt: Er schnitzte Reliefs in Formen, füllte diese mit glühendem Eisen - und heraus kamen kunstvolle gusseiserne Platten.

So zierte seit dem 17. Jahrhundert die Geschichte von König Davids aufsässigem Sohn Absalom die Stube einer betuchten Familie - als Relief einer Ofenplatte, handsigniert von Meister Anton persönlich. Zu bestaunen in der neuen Ausstellung im Niederrheinischen Freilichtmuseum Dorenburg: "Kalte Füße - heiße Platten".

Was Meister Anton und seine Kollegen als Kunstwerke schufen, diente allerdings in erster Linie dem Wohlbefinden: Ofenplatten erwärmten als neue Errungenschaft der Industrialisierung die Menschen im Winter. Das war ein Fortschritt sondergleichen, denn bis dato waren kalte Füße normal: "Es war gang und gäbe, dass man im Winter fror", erzählt Museumsleiter Heinz Peter Mielke.

Das änderte sich laut Mielke etwa um 1600 durch die Erfindung des Hochofens: Fortan wurden eiserne Ofenplatten einfacher produziert. "So gab es etwas mehr Behaglichkeit für Leute, die es leisten sich konnten: Kaufleute, Adlige, Pfarrer", erklärt Mielke.

Und bei denen hielt mit der Ofenwärme auch die Bildung Einzug: Sie konnten dank Luther und der Reformation nun die Bibel auf Deutsch lesen, was sie mit biblischen Reliefs auf Ofenplatten dokumentierten. Heiße Szenen gab’s so mitten in der guten Stube: Auf nahezu glühenden Guss-eisentafeln macht die nackte Eva ihrem Adam mittels eines Apfels Avancen.

Über 60 solcher Beispiele neuzeitlicher Wohnkultur sind in der Dorenburg zu sehen, darunter auch Dokumente weniger frommer Ofenbesitzer: Landsknechte etwa, die zu Geld gekommen waren, drohen als finstere Gestalten mit der Lanze, Amtspersonen geben mit Wappen am Ofen an.

Schautafeln erklären die technische Entwicklung des Eisenhandwerks: Heiße Eisenplatten kühlten schnell ab, erst durch die Kombination mit Keramik gelang die Wärmespeicherung. Und damit nicht genug.

So waren die alten Niederrheiner besonders clever und energiebewusst - sie kombinierten Ofen mit Fußbodenheizung: Den Kaminofen in die Mitte des Raumes gestellt, wodurch das Zimmer sozusagen kleiner wurde und sich schneller erwärmte, eine zusätzliche Platte hinterm Ofen reflektierte zudem die heiße Luft auch nach unten. Das Ergebnis: keine kalten Füße mehr am Niederrhein!

Wer gern solche Ofenplatten in seiner Wohnung hätte - in der Dorenburg ist da nichts zu holen: Unverkäuflich und bis zu 240 Kilogramm schwer ist so eine Platte. Da hatte schon Meister Anton mit seinen Gehilfen schwer dran zu schleppen.

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