Klimaschutz: Kühe müssen zum Abgastest

Treibhausgase: In einem Versuchsstall in Kleve wird untersucht, wie der Methan-Ausstoß der Tiere verringert werden kann.

Kleve. Friedlich kauend wirkt Elpa eigentlich nicht wie eine gefährliche Klima-Killerin. Doch weil jede Milchkuh regelmäßig Methan in die Luft rülpst, kommt sie mit ihren Artgenossinnen in Kleve Mitte 2010 zur wissenschaftlichen "Abgasuntersuchung". Erstmals in Deutschland soll in einem Versuchsstall die Ausscheidung klimaschädlicher Gase von Kühen erfasst werden. Am Niederrhein untersuchen Forscher dabei über drei Jahre unter anderem, wie sich unterschiedliches Futter auf die Verdauung der Tiere auswirkt. Der Grundstein für den 2,9 Millionen Euro teuren Neubau der Landwirtschaftskammer NRW wurde jetzt gelegt.

Noch steht am Landwirtschaftszentrum Haus Riswick nur der labyrinthartige Güllekeller, doch in Zukunft frisst und verdaut Elpa mit 143 anderen Kühen unter einem neuen Dach im Auftrag der Forschung. "Ich hoffe, dass wir erstmals unter praxisrelevanten Bedingungen eine Antwort zur Bewertung klimaschädlicher Gase geben können", erklärte Johannes Frizen, Präsident der Landwirtschaftskammer NRW, das Vorhaben.

Von außen entsteht ein normaler Stall, im Detail schlummert viel Technik: Wiegetröge sollen auf das Gramm genau messen, was und wieviel ein Tier frisst. Sensoren im Giebel werden per Fotoanalyse alles aufzeichnen, was die Kühe am Tag aussondern: Neben Lachgas und Ammoniak größtenteils Methan.

Eine Kuh lässt sich als kleine Biogasanlage begreifen: Bakterien zersetzen beim Fressen die pflanzlichen Zellwände, dabei entsteht im Vormagen unter anderem Methan. "Dieses ist wesentlich klimarelevanter als Kohlenstoffdioxid", sagt Professor Wolfgang Büscher von der Universität Bonn, die die Studie in Kleve betreut. Alleine im Jahr 2007 entwichen den mehr als vier Millionen Milchkühen in Deutschland nach Angaben des Umweltbundesamtes rund 450000 Tonnen des Klimagases. Insgesamt trugen Kühe und Rinder mit 2,1 Prozent zu den Treibhausgasemissionen Deutschlands bei - zu einem großen Teil durch den direkten Ausstoß von Methan.

Bislang entstanden solche Analysen unter Laborbedingungen. "Vielleicht wird sich im normalen Betrieb das ein oder andere ganz anders darstellen", sagte Frizen. So zeigten sich in Klimakammern verschiedene Wirkstoffe im Futter als wahre "Abgasfilter" und reduzierten die Emissionen um bis zu 30 oder 40 Prozent. "Davon wird wohl höchstens die Hälfte übrig bleiben", vermutete Professor Büscher. Doch bei allen wissenschaftlichen Überlegungen rund um das Klima und die Kuh müssen Elpa und Co. eine Maßnahme in Kleve nicht befürchten: "In Irland wird schon über Gasmasken für Kühe nachgedacht. Das wird es bei uns sicher nicht geben", betonte Claudia Verhülsdonk vom Haus Riswick.

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