Corona im Kreis Viersen Kinderarztpraxen droht Schließung

Viersen. · Weil Schutzkleidung und Desinfektionsmittel knapp sind, könnten bald die ersten Praxen ihren Betrieb einstellen. Dass sie überhaupt noch geöffnet sind, haben sie vor allem Spenden aus der Bevölkerung zu verdanken.

 Kinderarzt Ulrich Umpfenbach zeigt, was er von der Kassenärztlichen Vereinigung in Mönchengladbach abholen konnte: 500 Milliliter Sterilium, 20 Masken, zehn Kittel und zwei Boxen mit Handschuhen. „Bei strengster Einteilung und Tragen über die gesamte Infektionssprechstunde kommen wir damit dann zwei Wochen hin“, sagt er.

Kinderarzt Ulrich Umpfenbach zeigt, was er von der Kassenärztlichen Vereinigung in Mönchengladbach abholen konnte: 500 Milliliter Sterilium, 20 Masken, zehn Kittel und zwei Boxen mit Handschuhen. „Bei strengster Einteilung und Tragen über die gesamte Infektionssprechstunde kommen wir damit dann zwei Wochen hin“, sagt er.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Der Viersener Kinderarzt Ulrich Umpfenbach hat jetzt etwas getan, was er noch nie in seinem Leben getan hat: Er ist ins Auto gestiegen, nach Mönchengladbach gefahren und hat unter Polizeischutz Schutzausrüstung für seine Dülkener Kinderarztpraxis abgeholt. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein hatte Material besorgt und in Mönchengladbach an die Kassenärzte ausgegeben. „Ich bekam 20 Masken, zehn Kittel, zwei Boxen mit Handschuhen und 500 Milliliter Sterilium für die Händedesinfektion – das war’s. Bei strengster Einteilung und Tragen über die gesamte Infektionssprechstunde kommen wir damit dann zwei Wochen hin“, sagt Umpfenbach. „Die 500 Milliliter Händedesinfektion schaffen wir lächelnd an einem Tag.“

Bereits Anfang März hatte Umpfenbach einen Offenen Brief mitunterzeichnet – wie auch seine Viersener Kollegin Christiane Thiele und Theo Reiners und der Nettetaler Kinderarzt Klaus Rechenberger. „Wir benötigen die für die Umsetzung von vorgesehenen Hygienemaßnahmen und Diagnostik notwendigen Materialien und die entsprechende Ausstattung in ausreichender Menge“, stand in dem Brief der Kinderärzte, denn: „Kinder sind im besonderen Maße von Atemwegsinfektionen betroffen. Gerade um diese Jahreszeit sind in unseren Praxen fast ausnahmslos infektkranke Kinder zu finden, diese benötigen unsere Hilfe und oft auch ärztliche Untersuchungen. Eine sinnvolle Abgrenzung grippaler Infekte zu Corona verdächtigen Fällen ist daher nicht möglich“, heißt es in dem Schreiben.

Als vergangene Woche die übliche und den gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechende Vorratssituation in seiner Praxis nahezu aufgebraucht war, wandte er sich Hilfe suchend an seine Patienten. „Eine Mutter postete das bei Facebook – dann haben wir zum Glück einiges an Material bekommen.“ Die Kinderarztkollegen und er hätten feststellen müssen, dass angesichts der gestiegenen Nachfrage und des knappen Angebots die Preise dramatisch angestiegen sind. „Wir zahlen jetzt – aktuelles Angebot der Firma Letterman in Viersen – für eine FFP2-Maske knapp 18 Euro, diese Masken haben vor dem Beginn der Corona-Problematik 0,60 Euro gekostet!“, sagt Umpfenbach.

Für die Schutzmittelbeschaffung ist laut Kreis die KV zuständig

Was ihn wurmt: „Die Missstände in der Versorgung sind von uns schon vor Wochen an alle verantwortlichen Personen – unseren Landrat, die zuständige Dezernentin, die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein wie in die lokale Politik gegangen.“

Die Kassenärztliche Vereinigung reagierte nun – obwohl nach Ansicht der Ärzte epidemiologische Untersuchungen, die nicht der Behandlung des einzelnen Patienten dienen, Aufgabe des öffentlichen Gesundheitsdienstes sind. Beim Kreisgesundheitsamt hieß es in der vergangenen Woche hingegen auf Anfrage: „Die Beschaffung von Schutzbekleidung für niedergelassene Ärzte ist Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung.“

Zwei Wochen reicht die Schutzkleidung, gespendetes Desinfektionsmittel hat Umpfenbach noch in seiner Praxis. Und dann? „Nach Verbrauch der letzten Maske und des letzten Kittels wird uns nur noch der Praxisschluss übrig bleiben“, sagt er. „Nicht, weil wir wollen, sondern nur, weil wir nicht mehr können, wie wir – nach allen geltenden Vorschriften und Anweisungen des Robert-Koch-Instituts sollen und müssen! Was für eine beschämende Realität des so hoch gepriesenen guten Krisenmanagements in unserem Land.“

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