Burg Brüggen: Spaziergang durch den Wall

Nach 33 Jahren können die historischen Kasematten wieder besichtigt werden.

Brüggen. Die Tür zu den Kasematten steht offen. Ein Stück abseits wartet Bürgermeister Gerhard Gottwald noch auf einige Leute, die bei der ersten Führung durch die Gänge im Festungswall der Burg Brüggen dabei sein müssen und wollen.

In seinem Rücken schleicht ein älteres Ehepaar - anscheinend magisch angezogen von der offenen Tür - bereits vorsichtig in die Kasematten hinein. Gottwald sieht sich in seinem Konzept bestätigt: "Das interessiert die Menschen", war er sich schon sicher, als vor zwei Jahren erstmals der Rat darüber beriet, die Gänge mit der wechselvollen Geschichte der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen.

Ein statisches Gutachten, eine neue Elektroleitung und 20 000 Euro später ist es jetzt soweit: Ab sofort kann man Führungen durch die beiden jeweils etwa 44 Meter langen Kasematten bei der Touristinfo buchen.

Die erste Führung hat allerdings gezeigt, dass zumindest in der westlichen Kasematte, die sich zwischendurch gabelt, noch ein Ausgangs-Schild angebracht werden muss. Außerdem soll die Versicherung entscheiden, wie viele Menschen maximal an einer Führung teilnehmen dürfen, und ob sie Helme tragen müssen. Denn es ist eng, die Decke ist niedrig, es riecht modrig. Man bekommt eine leichte Ahnung davon, was es heißt, wenn jemand sagt: Diese Mauern atmen Geschichte.

Rund 35 Jahre waren die Kasematten - offiziell - nicht zugänglich. Ein an die Wand geschmiertes "I love Jessika" zeugt aber davon, dass Jugendliche es immer wieder mal verstanden haben, doch hier einzudringen. Man findet aber auch alte Graffitis, in den Stein eingeritzt, wahrscheinlich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Ursprünge der Kasematten gehen zurück auf das Jahr 1520. Sie waren reine Wehrgänge, die zur Verteidigung der Burg Brüggen dienten. Als um 1450 die Kanonen und das Schwarzpulver erfunden wurden, reichten Wehrmauern nicht mehr aus. Man stellte fest, dass aufgeschüttete Erde den Kanonenkugeln deutlich besser standhielt als ein gemauertes Bollwerk.

Auf den hohen Erdwällen - zwölf Meter ragen sie über der Decke der Kasematten auf - pflanzte man Bäume und Unterholz, sorgte durch gezielten Baumschnitt dafür, dass das Strauchwerk nahezu undurchdringlich wurde.

Den steilen Wall hinaufrennen konnten Ritter in ihren schweren Rüstungen ohnehin kaum. Wer dennoch durch eine der Schießscharten eindrang, den erwartete ein schnelles Ende: Direkt dahinter, für den Eindringling unsichtbar, befanden sich Nischen. "Und von da aus konnte man sie bequem abstechen", erzählt Rudolf Engels. Er hat die Kasematten als Unterschlupf im Zweiten Weltkrieg erlebt. Der heutige Eingang lag damals direkt an Engels Garten.

Vier Monate lang haben rund 20 Brüggener dort jede Nacht verbracht, dazu die Zeiten des Fliegeralarms. "Wir haben praktisch dort gelebt", sagt Hans-Wilhelm Strötges, der Burgherr der Burg Brüggen.

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