Bahnpanne: Schüler kollabieren im Zug

Im ICE fiel die Klimaanlage aus, es herrschten Temperaturen wie in der Sauna. An Bord: Eine Schulklasse aus Willich.

Willich. Schreckliches Ende einer Klassenfahrt: Schüler der zehnten Klasse des Willicher St. Bernhard-Gymnasiums gehörten zu den Opfern, die am Samstag im völlig überhitzten ICE von Berlin nach Duisburg zusammengebrochen waren. Die gute Nachricht: Am Sonntag waren alle Schüler und ihre beiden begleitenden Lehrer wieder wohlauf.

"Ich bin richtig wütend auf die Bahn", berichtete gestern Dagmar Reichenberg-Arnoldy im Gespräch mit der Westdeutschen Zeitung. Alles sei ein großes Durcheinander gewesen, das reinste Chaos. Bahnmitarbeiter hätten nichts geregelt, es gab kein Wasser im Zug, auch habe die Bahn keine Ärzte alarmiert.

Der Reihe nach. Von Berlin aus fuhren die Willicher Schüler nach ihrem sechstägigen Besuch in der Hauptstadt mit dem ICE zurück nach Hause.

Sie hatten ein volles Programm hinter sich, den Reichstag besichtigt, an einer Plenarsitzung teilgenommen, in einer Jugenddisco gefeiert. Um 18 Uhr sollten sie am Samstag wieder in Krefeld eintreffen. Eltern hatten einen Fahrdienst organisiert, um ihre Kinder in Empfang zu nehmen.

Im Zug war es warm, die Klimaanlage funktionierte nicht. "Doch das ging alles noch, manche nahmen es sogar noch mit Humor", erzählt Dagmar Reichenberg-Arnoldy. Denn der Zug war nicht voll, die Schüler setzten sich auf die Schattenplätze.

In Hannover stoppte der ICE - und fuhr nicht mehr weiter. Wegen der defekten Klimaanlage, so hieß es von Seiten der Bahn, wurden die Fahrgäste auf andere Züge verteilt. "In einen anderen Zug getrieben wäre wohl die richtige Formulierung", sagt Reichenberg-Arnoldy.

Der Zug sei bereits überbelegt gewesen, es herrschten unerträgliche Temperaturen. Neben den Willicher Schülern war noch eine Klasse aus Remscheid an Bord des ICE.

Vor Bielefeld spielten sich dann erschütternde Szenen im Zug ab. Zahlreiche Schüler brachen zusammen, lagen in den Gängen. Mitreisende berichteten, dass eine schwangere Frau versucht habe, während der Fahrt eine Scheibe einzuschlagen, um an frische Luft zu gelangen.

Die Temperaturen im Zug hätten jenseits der 50-Grad-Marke gelegen. "Das war wie in einer Sauna. Fünf Minuten später wären bestimmt alle kollabiert", sagte ein 16-jähriger Schüler.

Kurz vor 19 Uhr stoppte der Zug in Bielefeld. Sie habe den Notarzt gerufen, nachdem eine Schülerin blau angelaufen sei, schildert Reichenberg-Arnoldy die Situation. Dann habe es nochmals mehrere Minuten gedauert, bis die Einsatzkräfte am Bahnhof gewesen seien und helfen konnten.

Insgesamt waren wohl 27 Schüler zusammengebrochen. Sie wurden auf den Bahnsteigen von Notärzten und Feuerwehrleuten versorgt, mussten vor allem viel trinken. Neun Schüler wurden ins Krankenhaus eingeliefert, darunter vier 16 Jahre alte Mädchen vom Willicher St. Bernhard-Gymnasium.

Sie sollten zunächst über Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben; nachdem sich ihr Zustand jedoch stabilisiert hatte, konnten sie von einer Mutter aus Willich abgeholt werden. "Ich habe mit allen Vieren gesprochen, ihnen geht es wieder gut", sagte Reichenberg-Arnoldy.

Die Einsatzkräfte hätten tolle Arbeit geleistet, auch die Jugendlichen hätten sich vorbildlich umeinander gekümmert.

Die anderen Schüler waren mit klimatisierten Bussen, die die Bielefelder Feuerwehr organisiert hatte, nach Willich gebracht worden. Um 1 Uhr in der Nacht traf die Gruppe am Gymnasium ein. Glücklich konnten die Eltern ihre Kinder in die Arme schließen.

Für Reichenberg-Arnoldy ist die Geschichte damit aber noch nicht zu Ende. Sie ärgert sich, dass die Bahn es im Nachhinein so darstelle, als hätte das Unternehmen die Rettungskräfte alarmiert.

Am Montag will sie die Schulleitung über den "Höllentrip" informieren. Möglicherweise wird es eine Klage gegen die Bahn geben. Das wollen zumindest einige Eltern prüfen lassen.

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