Amoklauf: Tödlicher Zank um ein Haus

Ein geschiedenes Ehepaar wollte den Wert seines Hauses schätzen lassen. Da soll der Vater der Frau zur Waffe gegriffen haben.

Schwalmtal. Ein gutes Wohnviertel, schicke Einfamilienhäuser aus den 1990-er Jahren - der Ort einer Bluttat. Die Nachbarn stehen fassungslos an der Straße Geneschen, hier zweigt der Margeritenweg ab, eine kleine ruhige Sackgasse.

Dort starben am Dienstag, 18.8., drei Menschen, es gibt drei weitere Schwerverletzte. Der Todesschütze soll Hans P., 72, sein. Seine Tochter Barbara K., 44, war seit einem Jahr von Hubert K., ebenfalls 44, geschieden. Schon seit neun Jahren lebte man getrennt.

Zankapfel war das gemeinsame Haus am Margeritenweg 18. Man konnte sich nicht auf den Wert einigen. Jetzt sollte es zwangsversteigert werden - "zur Aufhebung der Gemeinschaft", wie es im Amtsdeutsch heißt.

Dazu war für 16 Uhr ein Termin anberaumt worden, an dem sich die Eheleute mit ihren Rechtsanwälten und zwei Immobilienberatern treffen wollten, um den Wert zu ermitteln. Hubert K. sagte "aus beruflichen Gründen" ab, schickte seinen Anwalt allein hin.

Er ist sichtlich geschockt, mutmaßt, dass die Tat geplant gewesen sei und ihm gegolten habe. "Mein Ex-Schwiegervater hat mir schon mehrfach mit Mord gedroht", sagt der Estrichleger. "Wenn ich Barbara das Haus nicht lasse, sorgt er dafür, dass ich zwei Meter tiefer komme, hat er gesagt", berichtet der Mann.

Auch sein Sohn Christoph, 18, spricht nicht gut über seinen Großvater. "Er hat mich geschlagen, deshalb hatte mein Vater auch das Sorgerecht für mich." Der damals angestrengte Prozess brachte aber nichts ein. "Meine Mutter hat gegen mich ausgesagt, hat gesagt, ich sei die Treppe hinuntergefallen."

Immer noch anhängig ist aber der Prozess um eine Tat des Rentners aus dem Jahr 2006. Da soll er die Großtante des jungen Mannes mit einem Baseballschläger krankenhausreif geschlagen haben. "Da haben wir schon gesagt, dass er gefährlich ist, aber da wollte es niemand hören", sagt die Großtante Gisela B.

Dass Hans P. der Täter ist, daran zweifeln Familie und Nachbarn keine Sekunde. "Als sie ihn hatten, wurde er mit dem Polizei-Bully an uns vorbeigefahren, da hat er uns noch die Zunge rausgestreckt", sagt ein Nachbar.

Die Polizei hat alle Hände voll zu tun. Eine Nachbarin kehrt vom Hundespaziergang zurück, will zu ihrem Haus. Sie sieht zwar, dass die Polizisten alle schusssichere Westen tragen, will aber unbedingt zurück und handelt sich einen Platzverweis ein.

Zu Torsten F., 34, sagen die Beamten zunächst, dass der Tatort nicht sein Zuhause sei. Er geht, muss aber dann feststellen, dass es doch genau um dieses Haus geht. "Ich bin ja extra wegen dieses Begutachtungstermins aus dem Haus gegangen, weil ich nicht zwischen die Fronten geraten wollte."

Im Nachbarhaus saß derweil ein Zwölfjähriger allein. Er rief gegen 16.30 Uhr seine Mutter an. "Mama, komm schnell, hier wird geschossen." Sie riet ihm, sich im Schlafzimmer zu verstecken.

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