Viersen-Süchteln Das lockere Netz am Turm von St. Clemens ist entfernt

Süchteln. · Vögel hatten sich darin verfangen, darunter ein Turmfalke. Er soll nach Ansicht eines Experten vor gut zwei Wochen verendet sein.

 Eine Mitarbeiterin des Veterinäramts birgt den Falken.

Eine Mitarbeiterin des Veterinäramts birgt den Falken.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Ein Falke kreist am Dienstagmorgen aufgeregt um den Kirchturm von St. Clemens. Nicht minder angespannt verfolgen Tierschützer, Behördenmitarbeiter und Schaulustige vom Boden aus das Spektakel am Kirchturm. Die Pfarrgemeinde St. Clemens hatte einen Tag zuvor eine Dachdeckerfirma beauftragt, die gelockerten Vergrämungsnetze am Kirchturm zu entfernen. Tierschützer von Notfelle Niederrhein und vom BUND hatten die Behörden alarmiert, dass sich Vögel in den lockeren Netzen verheddern und darin verenden.

„Am Zeiger der Kirchturm-Uhr nisten Dohlen. Hoffentlich zerstören sie nicht ihr Nest. Ich kann gar nicht hinschauen“, sagt Christina Jones. „Nicht reißen­. Schneidet das Netz ab“, ruft Nadine Ehms. Die beiden Frauen von Notfelle Niederrhein kommentieren von unten das Geschehen in gut 50 Meter Höhe. Sie bangen um das Dohlennest. Es hält.

Gemeinde und Behörde wollen nun alle Netze entfernen

Die Süchtelner Dachdeckerfirma Dohmesen ist gemeinsam mit Pfarrer Michael Schlößer und Philippe Niebling in den Kirchturm gestiegen, um wie angekündigt die gelockerten Abwehrnetze zu entfernen und sich ein exaktes Bild von der Vogelfalle am Kirchturm zu machen. Dachdeckermeister Klaus Dohmesen kann sich noch erinnern, wann die Netze angebracht wurden: „Das war vor 20 Jahren, als der Turm renoviert wurde.“ Mit im Turm sind Philippe Niebling von der Unteren Naturschutzbehörde sowie zwei weitere Mitarbeiter des Kreises Viersen. „Turmfalken sind eine streng geschützte Art. Wer zur Brutzeit ihr Revier stört, braucht eine Befreiung, ansonsten gilt ein Störverbot“, sagt Niebling.

Nach einer guten halben Stunde sind die losen Netze entfernt. Bilanz: „Es hat sich anders dargestellt, als ich anfangs dachte. Das tote Falkenmännchen war schon sehr ausgetrocknet. Das deutet darauf hin, dass es schon vor gut zwei Wochen in dem Netz verendet ist“, erklärt Niebling. Weiter unten, mittig unter der Kirchturm-Uhr, seien zwei Brutkästen für Falken angebracht. Sie seien leer gewesen. Es hätten sich keine Jungvögel darin befunden und entgegen anders lautender Information von Zeugen der Begehung auch keine Falkeneier.

Die Pfarrgemeinde und die Naturschutzbehörde wollen nun einen Falkner hinzuziehen und nach und nach alle Netze entfernen. Ein Bußgeldverfahren zieht Niebling nicht in Betracht. Das sah vor der Begehung anders aus: Bei der Störung einer streng geschützten Art, der Zerstörung von Brut- und Nistbeständen sowie der Tötung wären mehrere Tatbestände für ein Bußgeldverfahren möglich gewesen. „Der Bußgeldkatalog dafür reicht bis zu 50 000 Euro“, erklärt Niebling.

Tierschützer zweifeln am
genannten Todeszeitpunkt

Die Tierschützer bezweifeln Nieblings Aussage. „Unserer Meinung nach war der Falke nicht zwei bis drei Wochen tot. Das werden wir prüfen lassen“, sagt Nadine Ehms.

Bernd Bäumer, Falken-Experte des Naturschutzbunds (Nabu), zeigt sich erstaunt, dass die Netze am Kirchturm von St. Clemens überhaupt noch hängen. „Es gab vor zwei Jahren schon mal einen Vorfall. Ich bin davon ausgegangen, dass die Netze abgenommen wurden“, sagt Bäumer.

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