Tönisvorst Vauth-Prozess: Verteidiger rügt die „Rochade“

Nach Ansicht der Verteidigung führt die falsche Vorsitzende den Prozess gegen den Ex-Anwalt aus Tönisvorst und seine Ehefrau.

Lothar Vauth beim Prozess vor dem Krefelder Landgericht.

Lothar Vauth beim Prozess vor dem Krefelder Landgericht.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Krefeld/Tönisvorst. Mit der Verlesung der kompletten Anklageschrift im Fall Vauth strapazierte Verteidiger Daniel Wölky bisher die Geduld aller Beteiligten. Am sechsten Prozesstag fand der Vortrag nach eineinhalb weiteren Stunden ein Ende. Wölky trug endlich seinen lange angekündigten Besetzungseinwand vor.

Der Verteidiger rügte, dass die 2. Große Strafkammer mit der falschen Vorsitzenden besetzt sei. Die Vorsitzende Richterin Ellen Roidl-Hock ist nämlich nur die Vertreterin des eigentlichen Kammervorsitzenden Herbert Luczak. Der hatte das Verfahren noch schriftlich eröffnet und die ersten Termine mit den Anwälten abgeklärt — auch diesen Schriftverkehr trug der Verteidiger vor.

Allerdings hat er an mehreren geplanten Terminen Urlaub und geht Ende Juli in den Ruhestand. Deshalb habe das Landgericht eine „Rochade“ veranstaltet und die Richterin Roidl-Hock, die eigentlich Vorsitzende der 1. Großen Strafkammer ist, an Luczaks Stelle gesetzt. Damit sei aber das „Prinzip des gesetzlichen Richters“ verletzt und es handele sich um einen „manipulativ-willkürlichen Austausch“, monierte Wölky. Außerdem sei sowieso die 4. Große Strafkammer zuständig. Denn das sei die Wirtschaftsstrafkammer am Krefelder Landgericht. Bei der Vielzahl an angeklagten Untreue-Fällen seien die besonderen Kenntnisse des Wirtschaftslebens nötig. Die Verteidigerin von Jessica Vauth, die mit ihrem Mann Lothar auf der Anklagebank sitzt, schloss sich diesen Ausführungen an.

Die Staatsanwältin fasste den Ärger, den das stundenlange Verlesen mit sich brachte, recht diplomatisch zusammen: „Ich bin ein wenig enttäuscht.“ Denn hätte der Anwalt bereits zu Beginn seines Mammutvortrags seine Anträge verlesen, hätte sie ihn auf die aktuelle BGH-Rechtsprechung hinweisen können, nach der bei einer Rüge der Besetzung nicht die komplette Anklage noch einmal verlesen werden müsse. „Das Gericht muss die Anklage sowieso von Amts wegen kennen.“ Wölky hielt dagegen, man dürfe das Verlesen nicht als „prozessuales Spielchen“ verstehen.

Lothar und Jessica Vauth saßen indes neben ihren Verteidigern und sagten kein Wort — außer zueinander. Den Tönisvorstern wird Untreue in mehr als 900 Fällen vorgeworfen. Schadenssumme: 1,9 Millionen Euro. Bis zum Fortsetzungstermin am 26. Mai will die Staatsanwaltschaft auf den Einwand der Verteidigung antworten.

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