Wird die Zeitumstellung gekippt? Niederrheiner können ohne Zeitumstellung

Vor allem die Landwirte sehnen das Ende der Zeitumstellung herbei. Das hat eine Umfrage der WZ ergeben.

Wird die Zeitumstellung gekippt?: Niederrheiner können ohne Zeitumstellung
Foto: Sebastian Kahnert

Kempen/Kreis Viersen.. Obwohl Zeit so eine furchtbar abstrakte Größe ist, sorgt sie für ganz banale Kontroversen. Busfahrer oder Schiedsrichter wissen Bescheid. Der eine kommt zu spät, der andere lässt zu lange nachspielen. Schon gibt es Ärger. Mit einer umstrittenen Stunde könnte es zumindest bald vorbei sein. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will die Zeitumstellung zwischen Winter und Sommer kippen. 2020 oder 2021 soll es so weit sein. Die Reaktionen aus Politik und Gesellschaft fallen fast durchweg positiv aus. Und so könnte in den nächsten Jahren die ewige Sommer- oder Winterzeit beschlossen werden. Auch hier in der Region würden sich viele darüber freuen — vor allem Bauern und Gastronomen.

Aber was bedeutet beispielsweise eine ewige Sommerzeit? Ein Beispiel: Am 27. Oktober geht die Sonne in Kempen um 18:17 Uhr unter. Nach der Umstellung verschwindet sie am 28. Oktober um 17:15. Ohne Umstellung wäre es also 18:15 Uhr, wenn es dunkel wird. Es bliebe im Herbst folglich länger hell.

Der Kempener Ortslandwirt Peter-Josef Coenen hofft schon seit Jahren, dass es so kommt. Besonders für Bauern, die Milchkühe halten, bedeutet der halbjährliche Wechsel Stress. „Über Tage müssen die Tiere sukzessive an die neuen Melkzeiten gewöhnt werden“, erklärt Coenen. Deswegen fordern seine Kollegen schon lange eine einheitliche Zeit. Wirklich daran geglaubt haben die Bauern wohl nicht mehr. Man habe sich mit der Situation arrangiert, sagt Coenen. Das lästige Thema sei kaum noch besprochen worden. Er freue sich im Übrigen auch als Privatperson über die EU-Initiative. „Ich finde es schön, wenn es abends länger hell bleibt“, sagt Coenen.

Die Zeitumstellung wurde in Deutschland 1980 eingeführt, um das Tageslicht besser zu nutzen und Energie zu sparen. Für die Energieversorger bedeutet ein Ende des „Hin und Her“ aber eine Entlastung. Bislang schieben Mitarbeiter zur Umstellung nachts Sonderschichten, um sicherzustellen, dass Strom und Gas weiter fließen. Läuft es optimal, merken die Kunden nichts. Falle die Umstellung weg, würden die Kunden das auch nicht mitbekommen, sagt Marc Hemmersbach von den Stadtwerken Willich. Aus technischer Sicht seien keine Veränderungen notwendig. Lediglich ein paar Schaltuhren müssten an eine neue Regelung angepasst werden.

Für Gastronomen birgt das EU-Vorhaben ein Risiko. Gastwirten hilft nämlich nur eine dauerhafte Sommerzeit. „Je länger es hell ist, desto besser ist das“, sagt Thorsten Hellwig, der sich für den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) um den Niederrhein kümmert. Die Kunden können draußen länger die Sonne genießen. Entscheidet sich die Politik zur Winterzeit als Standard, wäre es sogar früher dunkel. Die Variante gilt allerdings als unwahrscheinlich. Eine Mehrheit sprach sich in einer Bürgerumfrage, die die EU-Kommission für ihre Argumentation heranzieht, für die Sommerzeit aus.

Aber auch in dieser gewünschten Variante gehen die Umsätze der Kneipen und Restaurants vermutlich nicht wesentlich nach oben, sagt Hellwig. Auch wenn die Sonne länger scheine, sei es in den Wintermonaten häufig zu frisch, um lange draußen zu blieben. Dennoch hat die Außenbewirtung in den letzten Jahren auch in den kalten Monaten an Bedeutung gewonnen. Das liegt besonders am Rauchverbot, das mehr Gäste vor die Tür treibt.

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