Was ist typisch für den Niederrhein?

Die Tourismus GmbH will den Niederrhein zur Marke machen — dafür muss er definiert werden.

Was ist typisch für den Niederrhein?
Foto: Busch

Nettetal/Kreis Viersen. Die weiße Jacke hatte Thomas Herrig schon angezogen, als er ans Mikrofon trat. Er faltete auch das Halstuch zusammen und verknotete es fachgerecht, band sich eine Schürze um und setzte sich eine Kochmütze auf. Wer schon über den Eifeler Premium-Schinken als Delikatesse des Mittelgebirges spricht, muss entsprechend gekleidet sein. Der Gastwirt aus dem 400- Seelen-Dorf Meckel („Keine Durchgangsstraße, keine Buslinie“), zwölf Kilometer südlich von Bitburg, schilderte anschaulich und amüsant, wie er den vom Vater ererbten Gasthof mit regionalen Produkten wieder ans Laufen brachte und zu einer kleinen Goldgrube machte.

Zuhörer waren Gastwirte und andere Unternehmer aus dem Kreis Viersen. Eingeladen hatte sie die aus der Wirtschaftsförderungsgesellschaft ausgegründete Tourismus GmbH zur 1. Kooperationsbörse ins Restaurant Krickenbecker Seen. Ist der Erfolg von „Eifel kulinarisch“ auf den Niederrhein übertragbar? Über diese Frage zerbrachen sich später nicht nur Gastwirte im Workshop den Kopf. Allgemeiner Wunsch: Eine Dachmarke für den Niederrhein muss her. Doch dann wird es schwierig. Welches Gericht ist niederrheintypisch? „Saisongerichte helfen nicht, es muss eins fürs ganze Jahr sein“, riet Herrig. „Himmel on Ääd“ oder „Schnibbelskook“ waren spontane Vorschläge. Ob es auch ein Pendant für „Gäkisch Butsch“ gibt? Hinter der „verrückten Ziege“, als die auch „überspannte weibliche Personen“ tituliert wurden, verbirgt sich ein Salatteller mit Ziegenkäse in gebackenem Premium-Schinken.

Als weiteren „Input von außen und Mutmacher“ hatte Tourismus-Geschäftsführerin Martina Baumgärtner Katharina und Christopher Klump nach Hinsbeck geholt. Sie treten nach und nach in die Fußstapfen ihrer Eltern im Landhotel Voshövel in Schermbeck. Den Vortragstitel „Erfolgreiche Unternehmensnachfolge“ ergänzten sie mit der Einschränkung „oder die Tücken eines Generationenwechsels“. Denn „Abgeben und Annehmen“ seien nicht immer leicht. Die Familie hat sich beraten lassen. Das Landhotel (5 Mio. Euro Umsatz) hat sich gewaltig gewandelt und vergrößert nach dem Motto „Landstil trifft Lifestyle“. So wurden 8 Millionen Euro in eine neue Spa-Anlage investiert.

Auch die Tourismus GmbH hält nach neuen Feldern Ausschau. Wichtige Themen werden, sagte Baumgärtner, Einkaufen in malerischen Ortskernen kleiner Städte, regionale Produkte in der Gastronomie („Genießen Sie den Niederrhein“), Spa-Einrichtungen und die Kultur sein. Man solle versuchen, verschiedene Angebote miteinander zu verknüpfen, hieß es mehrfach. Die großen Broschüren (Übernachten, Freizeit) werden kleineren weichen, die Werbung für den Niederrhein werde sich ins Internet verlagern, um auch ein jüngeres Publikum zu erreichen. Intensiver als bisher werde auch der „Urlaub im Wohnmobil“ behandelt: „Wir sind für die Nennung jedes Stellplatzes dankbar.“ Das Nettetaler Angebot sei unzureichend, meinte Michael Fegers (Forsthaus, Hinsbeck). Das wird Bürgermeister Christian Wagner aufhorchen lassen, der Nettetals Tourismusförderung als leuchtendes Vorbild präsentiert hatte.

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