Friedhofskultur Nettetal Die Stadt Nettetal gibt Grabfelder auf den Friedhöfen auf

Nettetal. · Statt Einzelgräber werden immer mehr Urnenbestattungen nachgefragt. Freiflächen könnten dem Naturschutz dienen.

 Zwischen den klassischen Reihengräbern entstehen auf dem Nettetaler Friedhof immer mehr Lücken.

Zwischen den klassischen Reihengräbern entstehen auf dem Nettetaler Friedhof immer mehr Lücken.

Foto: Daniela Buschkamp

Neue Pläne für die Friedhöfe: Weil die Bestattungszahlen in den vergangenen Jahren zurückgegangen sind, plant die Stadt, auf den Friedhöfen Grabfelder aufzugeben. Dort sollen keine Neuausweisungen mehr vorgenommen werden.

Das sei eine freiwillige Selbstverpflichtung der Verwaltung, die in einer veränderten Situation auch wieder aufgehoben werden könne. Die Stadt informierte die Mitglieder des Betriebsausschusses, dass stattdessen geplant sei, die Friedhofsflächen zu verdichten. Die Nettetaler Friedhöfe seien heute in weiten Teilen nicht mehr dicht belegt. Das heißt, zwischen den Gräbern gebe es immer wieder ungenutzte Grabfelder, die jetzt vorrangig belegt werden sollten.

Die Verwaltung erhofft sich davon, die Pflege der Friedhöfe insgesamt zu vereinfachen und somit günstiger gestalten zu können. Sollte sich auf Dauer kein Bedarf für neue Flächen ergeben, könnten die Friedhofsflächen als Grünflächen dem Naturschutz dienen. Eine zukünftige Wohnbebauung schließt die Stadt aus, weil es auf diesen Flächen in der Vergangenheit bereits Bestattungen gegeben habe.

Seit vielen Jahren verändert
sich die Bestattungskultur

Die Entwicklung auf den Friedhöfen ist keine Nettetaler Besonderheit. Bei sinkenden Einwohnerzahlen nehmen auf Dauer auch die Bestattungen ab. Aber weit stärker als die demographische Entwicklung spielt hier der gesellschaftliche Wandel eine Rolle. Seit vielen Jahren verändert sich in Deutschland die Bestattungskultur, weg von der Erdbestattung hin zur Feuerbestattung. 1960 gab es in Westdeutschland nur zehn Prozent Feuerbestattungen.

Das hat auch das Aussehen der Friedhöfe verändert. Zu den klassischen Flächen mit Reihengräbern und Grabsteinen gesellen sich immer mehr Flächen für die Urnenbestattung. Ein „Sargnagel“ für solche Veränderungen war auch der Wegfall des Sterbegeldes als Leistung der Krankenkasse zum 1. Januar 2004. Die frühere Sargpflicht wurde in Deutschland nach und nach abgeschafft.

Der Bund der Deutschen Bestatter hat zusammen mit der Uni Bochum die Veränderungen der Bestattungskultur untersucht und deutliche Unterschiede in Milieus, Einkommensklassen und zwischen Stadt und Land festgestellt. Deutlich erkennbar sei ein Trend zur Kosten-Nutzen-Rechnung. Die Urnenbestattung ist deutlich günstiger als das Sargbegräbnis. Hinzu kommt die gesellschaftliche Entwicklung, dass Familien nicht mehr an einem Ort verbleiben, sondern sehr verstreut leben, dass man sich gar nicht oder nur selten um die Gräber auf den Friedhöfen kümmern kann. Dabei verlässt die Erinnerungskultur gerade die Friedhöfe und wandert in digitale Gedenkportale. Baumbestattungen und Friedwälder sind weitere individuelle Wünsche, die Friedhöfe nicht erfüllen können. hb

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