Olympia-Teilnehmerin aus Hinsbeck: Als Leggins verboten waren

Anneliese Gerhards nahm von 1960 bis 1972 an drei Olympiaden teil. Die Spiele in London verfolgt die frühere Speerwerferin am heimischen Fernseher.

Hinsbeck. Lang ist es her. „Aber ich werde noch häufig erkannt und angesprochen“, freut sich Anneliese Gerhards aus Hinsbeck. Die ehemalige Speerwerferin des Lobbericher SC nahm dreimal an Olympischen Spielen teil. Gespannt verfolgt sie die laufende Olympiade in London, bewertet dabei manches kritisch.

Sportlich wirkt sie noch heute: „Für meine 77 Jahre fühle ich mich einigermaßen fit“, lächelt die siebenfache Deutsche Meisterin. Und sagt selbstbewusst: „Mit meiner Bestweite von 58,43 Metern wäre ich auch heute ganz gut.“ Zum Vergleich: Diese Weite hätte am Mittwochvormittag bei der Qualifikation in London Platz zwölf bedeutet.

Bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom, 1964 in Tokio und 1972 in München kam sie fast bis an die Medaillenränge. „Ich habe oft Pech gehabt“, erinnert sie sich. So war sie verletzt, sah staunend Konkurrentinnen aus osteuropäischen Ländern siegen: „Dabei war damals schon klar: Die konnten nur gedopt sein.“

In diesen Tagen sitzt Anneliese Gerhards viel vor dem Fernseher: „Natürlich schaue ich gern Olympia, besonders Tennis, weil ich das selbst lange gespielt habe.“

Dabei kommen ihr Vergleiche in den Sinn: „Wir Sportler mussten uns früher vieles erkämpfen. Heute sind die meisten Profis, kriegen alles bezahlt. Und manches ist mehr Show als Sport.“

Alles Neue heißt sie nicht gut: „Viele Sportler zeigen mehr Haut als Kleidung, die engen Leggings waren zu unserer Zeit verboten.“ Geld und Prämien haben nach ihrer Einschätzung den Sport verändert: „Wir kriegten acht Mark Spesen am Tag, später zwölf, davon habe ich den Kindern Plüschtiere gekauft.“

Anneliese Gerhards hält inne und sagt ernst: „Ich habe auch Schreckliches erlebt, damals bei der Olympiade 1972 in München. Ich sah von meinem Balkon im Olympischen Dorf die vermummten Terroristen.“

Beim diesjährigen Treffen der Olympia-Teilnehmer von München wurde des Anschlags auf israelische Sportler gedacht: „Wir haben in der Synagoge in Bochum einen Kranz niedergelegt.“

Vorzuzeigen hat Anneliese Gerhards kaum noch etwas aus ihrer Sportkarriere. Bei einem Einbruch wurden sogar Medaillen und Olympia-Briefmarken gestohlen. Wohl hat sie noch einen ihrer alten Speere, den sie vorsichtig zeigt: „Das ist ein so genannter Finnenspeer aus Holz.“

Anneliese Gerhards freut sich, dass ihre sportlichen Erfolge nicht vergessen sind: „Ich habe jetzt noch einen Brief mit einem Autogrammwunsch bekommen.“

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