Nettetal Das Smartphone darf nicht der beste Freund werden

Lobberich. · Im Werner-Jaeger-Gymnasium bekamen viele Eltern Tipps zum Umgang ihrer Kinder mit digitalen Medien.

 Was die Schülerinnen und Schüler auf ihren Smartphones machen, bekommt die Schule nicht mit. Es gehört zum Freizeitverhalten und fällt damit in die Verantwortung der Eltern.

Was die Schülerinnen und Schüler auf ihren Smartphones machen, bekommt die Schule nicht mit. Es gehört zum Freizeitverhalten und fällt damit in die Verantwortung der Eltern.

Foto: dpa/Jens Kalaene

„Kinder in der digitalen Welt – Chancen und Gefahren“ hatte Karolin Bongartz, Medienbeauftragte des Werner-Jaeger-Gymnasiums, die Informationsveranstaltung in der Mensa der Schule überschrieben. Und wenn man den Abend mit einem Satz zusammenfassen will, lautet er: Eltern, kümmert euch um eure Kinder. Lasst sie nicht mit dem Smartphone oder Tablet allein. Lars Klostermann, Referent im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW, machte in seinem Vortrag schnell deutlich, dass Verbote nichts bringen. Was zu Hause verboten ist, wird bei Freunden ausprobiert.

Klostermann hat schon vielfach vor Eltern referiert und er gestand gleich zu Beginn, dass er immer mehr zwei verschiedene Vorträge halte. Bei Grundschuleltern warne er mehr vor den Gefahren, bei Eltern an den weiterführenden Schulen beruhige er mehr: Alles halb so wild. Auch andere Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass das digitale Kinderzimmer noch nicht an erster Stelle steht. Die Kinder-Medien-Studie 2010-2018 des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest hat die Lieblingsbeschäftigungen von Kindern (6 bis 13 Jahre) erfragt. Mit 56 Prozent an der Spitze steht das Treffen mit Freunden, gefolgt von draußen Spielen (44 Prozent), Fernsehen (27) und Sport treiben (27). Erst danach werden digitale Spiele (21 Prozent) und Handy/Smartphone nutzen (15) genannt. In ihrer Begrüßung machte die Medienbeauftragte des Gymnasiums, Karolin Bongartz, auch klar, dass die Schule die Nutzung digitaler Medien nicht mitkriege, weil es sich dabei um das Verhalten in der Freizeit der Schüler handele. Auf jeden Fall wolle man an der Schule die Tätigkeit von Medien-Scouts wiederbeleben, um den Schülern, vor allem der fünften und sechsten Klassen, die Chancen und Gefahren in der digitalen Welt direkt zu vermitteln.

Lars Klostermann ist Medien-Scout-Trainer und fragt die Schüler, mit denen er zusammenkommt, nach ihren Lieblingsapps. Genannt werden fast immer die selben: YouTube, Snapchat, WhatsApp, Tellonym, Instagram, Netflix und Tik Tok. Eltern sollten sich von ihren Kindern zeigen lassen, welche Lieblingsapps die Kinder gerade haben. Nicht alle seien nur lustig und kostenlos. Die Gefahr von Mobbing und anonymen Chatverläufen ist durchaus real. Wenn man darüber rede, müsse man den Kindern auch vermitteln, dass man in zahlreichen kostenlosen Diensten die Rechte an Fotos und Daten an die Betreiber abgebe. Außerdem vergesse das Internet nichts mehr. Was heute lustig und cool erscheint, kann man in wenigen Jahren peinlich finden. Während früher in der Familie das gemeinsame Fernseherlebnis als „Lagerfeuer“ im Wohnzimmer eine stabilisierende Wirkung hatte, macht das Smartphone einsam. 70 Prozent der Kinder schauen YouTube-Videos alleine im Kinderzimmer, so die Forscher in der Studie Mobile Medien in der Familie vom Institut für Medienpädagogik in München.

Allein bleiben sollten die Kinder nicht, sagt Klostermann. Er empfiehlt, gemeinsam Regeln aufzustellen, Interesse zu zeigen, Vorbild zu sein, Vertrauen aufzubauen und Hilfe anzubieten. Denn Kinder wissen wenig über finanzielle Auswirkungen bei Computerspielen. Auch sollten Inhalte wie Gewalt, Pornographie und problematische politische Inhalte tabu sein. Bewährt habe sich auch, den Medienkonsum je nach Altersgruppe zeitlich zu begrenzen.

 Lehrerin Karolin Bongartz und Referent Lars Klostermann.

Lehrerin Karolin Bongartz und Referent Lars Klostermann.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Eltern sollten aber auch ihren eigenen Gebrauch des Smartphones zu Hause beobachten. Kinder leiden unter der Handymanie ihrer Eltern. Im SZ-Magazin (31. Oktober) beklagt sich die neunjährige Inga: „Bei mir ist mal ein Schmetterling auf dem Kopf gelandet – aber Papa und Mama haben nur auf ihre Handys geschaut.“ hb

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