Mit allen Wassern gewaschen

Im Museum „Die Scheune“ erklärte Walter Tillmann, welche Rolle das kühle Nass bei der Herstellung von Textilien spielt.

Hinsbeck. In diesem Sommer ist das nicht selbstverständlich — aber am liebsten ist uns die Kleidung am Leib ja schön trocken. Bis Hemden, Hosen und Co. in unserem Kleiderschrank landen, wurden sie jedoch mit einigen Wassern „gewaschen“. Im Rahmen des Projektes „Wandervolle Wasserwelt“ widmet sich der Naturpark Schwalm-Nette im kommenden Jahr dem wertvollen Nass.

Im neuen Seminarraum des Textilmuseums „Die Scheune“, gleich gegenüber des Ausstellungsraums an der Krickenbecker Allee 21 griff Museums-Gründer Walter Tillmann schon einmal vor und ging in einem Vortrag der Frage nach, welche Rolle Wasser in der Textilherstellung spielt. „Wenn man sich so lange mit Textilien befasst, fällt es nicht schwer eine Verbindung herzustellen“, sagt Tillmann.

Ohne Wasser geht es einfach nicht. Beim Flachs zum Beispiel sorgen Pilze und Bakterien im Wasser dafür, dass sich die Fasern der Rinde ablösen lassen. Früher wurden dafür Wassergruben ausgehoben, die sich heute noch um Hinsbeck finden lassen und unter Bodendenkmalschutz stehen.

Auch bei Seide benötigt man Wasser, um ihrer habhaft zu werden. „Laut einer Legende ist ein Kokon von einem Maulbeerbaum in die Teetasse einer chinesischen Kaiserin gefallen. Sie bemerkte dann, dass sich der Seidenfaden löste“, erzählt Walter Tillmann und zieht an einem imaginären Faden des wachteleigroßen Kokons.

Auch zur Textilveredelung benötigt man Wasser. Um Leinen zu bleichen, wurde es auf den Wiesen ausgelegt und befeuchtet. Um Wasser aus den Gräben auf die Stoffe zu spritzen, nahm man die Güte oder „Jüüt“, eine lange Schöpfkelle. Noch heute tragen die Hinsbecker den Namen „Jüüt“. Besonders die Hinsbecker Leinenweber waren bekannt dafür, dass sie mit den Menschen ihren Spaß trieben. Sie nahmen sie mit ihrer „Jüüt“ auf die Schippe. „Da hamse dich ganz schön nass gemacht.“ Auch diese Redewendung hat bei den Leinenwebern ihren Ursprung.

Der Anbau von Baumwolle braucht ebenfalls Wasser in rauen Mengen. „Pro Kilogramm Baumwollfasern, die geerntet werden, werden im Sudan rund 30 Kubikmeter Wasser benötigt“, erklärt Walter Tillmann. In Israel, wo der Anbau dank Computersteuerung optimiert ist, sind es immer noch sieben Kubikmeter. Auch synthetische Fasern verschlingen Wasser. Für die Produktion von einem Kilogramm Zellwolle werden 600 Liter Wasser eingesetzt, so Tillmann.

Ob Färben, Filzen oder Reinigen — die Reihe der Tätigkeiten rund um die Textilherstellung, für die Wasser benötigt wird, ist lang.

Im Deutschen Textilforschungszentrum in Krefeld aber wurde bereits ein Verfahren entwickelt, Stoffe ohne Wasser zu Färben. „Das ist die Zukunft“, sagt Tillmann. Und jeder einzelne könne darauf achten, Wasser zu sparen, indem man die Waschmaschine zum Beispiel richtig füllt und schadstoffgeprüfte Textilien kauft, damit, so Tillmann, „auch morgen noch alles klar bleibt“.

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