Immer dem inneren Ruf nach

Warum fliegen Vögel eigentlich jedes Jahr in den Süden? Und wie finden sie den richtigen Weg? Die neue Ausstellung der Biologischen Station Krickenbecker Seen gibt die Antworten.

Nettetal. Manche tun es, um satt zu werden. Andere, um die große Liebe zu finden. Tiere wandern ständig. Überall. Warum sich gerade Vögel Jahr für Jahr auf die beschwerliche Reise in Richtung Süden machen, wird in einer neuen Ausstellung des Infozentrums der Biologischen Station Krickenbecker Seen erklärt.

Die Zahlen sind imposant: Nach Schätzungen sind 50 Millarden Zugvögel unterwegs. Das sind rund Dreiviertel der etwa 10 000 Vogelarten, die es gibt. Die Rekordhalter unter den Zugvögeln sind die Küstenseeschwalben. „Sie legen rund 20 000 Kilometer auf ihrem Weg von der Arktis in die Antarktis zurück“, sagt Ökologin Brigitte Brieden von der Station.

Zugvögel gehören übrigens zu den Tieren die reisen, weil sie Hunger haben. Amouröse Beziehungen sind bei für sie nebensächlich. „Langstreckenzieher, also Vögel, die südlich der Sahara überwintern, wie Schwalben oder Mauersegler, ernähren sich von Fluginsekten. Im Winter gibt es die bei uns nicht“, erläutert Brieden. Manche Vogelarten ziehen nur zum Teil gen Süden. Andere haben sich im Laufe der Jahre an das Klima angepasst. Amseln zum Beispiel bleiben heute größtenteils. „Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren sie reine Zugvögel. Dann sind sie in die wärmeren Dörfer und Städte eingewandert“, sagt die Vogel-Kennerin. Das Leben der Vögel sei eben kein starres System.

Auch in der Region gibt es eine Besonderheit, so überwintern seit den 1990er Jahren Bachstelzen und Singdrosseln am Nierssee. Der Grund: Das Wasser des Sees bleibt das ganze Jahr über relativ warm und liefert somit Nahrung. Ursache sei das aus dem Klärwerk Neuwerk zugeleitete Wasser.

Wann die Tiere losfliegen, bestimmt ihre innere Uhr. Selbst die Richtung ist in ihnen programmiert. Die hat übrigens nichts mit den V-Formationen zu tun, in denen die Schwärme unterwegs sind. Sie haben ökonomische Gründe, weiß Brieden: „Es ist für die folgenden Vögel wesentlich energiesparender, weil sie im Windschatten fliegen. Wenn der Vogel an der Spitze erschöpft ist, lässt er sich zurückfallen und ein anderes Tier übernimmt.“

Doch zurück zum Weg: Neben der inneren Uhr, die ihnen Ziel und Zeitpunkt vorgibt, orientieren sich die Vögel über das Magnetfeld der Erde, hinzu kommen weitere Parameter, wie Sonnenstand, Sterne oder Landschaftsmerkmale.

Bevor es auf die große Reise geht, fressen sich die Vögel ein ordentliches Fettpolster an. Sollte die Energie unterwegs dennoch nachlassen, gibt es so etwas wie Raststätten für die Tiere. Eine davon liegt etwa im Wattenmeer, eine andere ganz in der Nähe, am unteren Niederrhein. „Das sind meist große Wiesen mit nahrhaften Gräsern“, sagt Brigitte Brieden.

Im Frühjahr sind es übrigens die Männchen, die sich, zurück im Norden, als erste mit ihrem lauten Gesang bemerkbar machen. „Sie markieren ihr Revier“, sagt Brieden.

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