Im Theater wird eine Idee zum Buch

Im Rahmen der Kinder- und Jugendbuchtage gastierte das Projecto Anagrama in der Aula der Realschule.

Im Theater wird eine Idee zum Buch
Foto: jobu

Nettetal. Mal eben ein Buch schreiben? Ganz einfach: ein bisschen telefonieren und jonglieren, über Tische springen und Kinder zum Kreischen bringen — fertig ist das Buch mit dem Titel „Es war einmal“. Ja, es war einmal ein Straßentheater, das ein Zirkusschauspiel in der Aula der Realschule aufführte, Schüler und Lehrer begeisterte und so ganz nebenbei erzählte, wie ein Buch entsteht: Das Projecto Anagrama trat bei den 4. Nettetaler Kinder- und Jugendbuch-Tagen mit dem Stück „Einband, Blätter und Schrift“ auf.

„Sein Kopf füllte sich nach und nach mit mehr Ideen“, stellte die Frau mit rotem Hut den verträumten Albertino dem jungen Publikum vor. Sonst sagten sie nicht viel, die beiden Mimen Ilja Mook aus den Niederlanden und Nuno Tavares aus Portugal. Stattdessen Pantomime und Poesie, Akrobatik und Artistik. Er als kauziger Komiker mit Hut, den Kopf voll fantastischer Ideen, sie als kecke Clownin im Kleid, die ihm zum Schreiben riet.

Und er schrieb und schrieb, hämmerte auf einer alten Schreibmaschine, zerknüllte jedes Textblatt und spielte Flummiball damit. Die Ideen raus aus dem Kopf und weg damit? Nein, beim Jonglieren hüpften die Texte zurück zu ihm, dem fidelen Fantasten, der nur noch staunen konnte, als seine kesse Kollegin zum Bügeleisen griff, um die Blätter zu glätten.

Genau das machte die große Kunst des kleinen Ensembles aus: Mit viel Spaß im Spiel, aberwitziger Artistik und zauberhaften Zirkusnummern so ganz nebenbei erzählen, wie aus Ideen im Kopf ein Buch im Einband wird. Mir nichts, dir nichts die Schreibstube in einer Druckerei umwandeln, zwischendurch auf dem Seil tanzen und das Bücherbrett zum Rola Bola benutzen.

Da verwandelte sich der dünne Dichter in einen dickbäuchigen Drucker, der Manuskripte zu einer Halskette für seine Partnerin, jetzt mit Brille und Schürze, zerschnipselte — Magie gehörte auch dazu. Bei so viel Fantasie reichte die Bühne als Spielplatz längst nicht, die Künstler hüften durch die Stuhlreihen, berieselten die Schüler mit hervorgezaubertem Konfetti. Und die Kinder klatschten und staunten, lauschten leise und lachten laut.

„Eine großartige Aufführung“, lobte Nadine Maaßen die beiden Künstler. Vor allem im Deutschunterricht werde man das Stück nachbesprechen, meinte die stellvertretende Realschulleiterin. Mehr als zufrieden war auch Ulrich Schmitter. Der Leiter der Stadtbücherei und sein Team hatten mit dem Projecto Anagrama ein Experiment gewagt — und ein glückliches Händchen bewiesen.

Ging es sonst bei den vierten Nettetaler Kinder- und Jugendbuchtagen zumeist um gelesene oder erzählte oder musikalisch inszenierte Texte, Literatur eben, so thematisierte Projecto Anagrama den Prozess von der Idee bis zum Buch. Es machte Mut, die eigenen Träume loszuwerden und sie als Medium mit anderen zu teilen.

Bei aller Begeisterung des jungen Publikums — eine Aula ist doch nur ein Schulraum und kein Theatersaal: Am Ende des gut einstündigen Stückes gerade noch gejubelt und geklatscht, rannten die Schüler flugs hinaus auf den Pausenhof. Dabei hätten Ilja Mook und Nuno Tavares noch so viel mehr Beifall verdient gehabt für ihr großartig inszeniertes Theater über die Idee, mal eben ein Buch zu schreiben.

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