Aktionskunst: Paradies ist nicht fern — es liegt vor der Haustür

Nach schönen Orten fragte Norbert Krause in Lobberich. Die Ergebnisse sind für sein Projekt „Nächste Ausfahrt para_dies“.

Lobberich. „Schöne Orte in Lobberich“ — Marita Monod denkt nach. „Ich wohne seit 30 Jahren in Nettetal, aber darüber habe ich mir noch nicht so viele Gedanken gemacht.“ Doch genau das möchte Aktionskünstler Norbert Krause erreichen. „Beim Gedanken an paradiesische Orte fallen vielen Menschen entfernte Orte ein“, so Krause, aber die eigene Heimat biete oft so viel Schönes.

Krause ist gerade mit seinem Rad unterwegs. Im Gepäck ein Klapptisch, Archivkarten, drei aufblasbare Palmen und zwölf Mal einen Viertel Quadratmeter Zukunft. Er nennt die Aktion „Nächste Ausfahrt para_dies“ und möchte damit den weitverbreiteten Fernblick einfangen und den Blick auf das besondere Alltägliche zu lenken. Schöne Orte direkt vor der Haustür — vielleicht sogar im eigenen Garten.

Zwei Wochen radelt Krause von Stadt zu Stadt, um zusammen mit den Niederrheinern auf Paradiessuche zu gehen. Die Idee dazu kam dem 33-Jährigen, dessen Arbeiten meistens den kommunikativen Aspekt in den Vordergrund stellen, durch den Kinderbuchautor Janosch. „Jeder kennt die geschichte ,oh wie schön ist Panama’ und verbindet mit schönen Orten oft das Unbekannte“, sagt Krause. Er selbst stand vor einigen Jahren vor der Entscheidung, aus seiner Heimat Mönchengladbach in die weite Welt zu ziehen. „Es kam nicht dazu und seitdem entdecke ich meine Stadt immer wieder neu.“

Eine seiner „Archivierungsstationen“ ist Lobberich. Er spricht mit Menschen über ihre Stadt, deren Zukunft und Lieblingsorte. „Die Leute sind natürlich erst einmal misstrauisch.“ In der Ludbachpassage denken die meisten Vorbeigehenden, dass Krause Reisen verkauft. „Doch wenn ich erst einmal mit den Leuten ins Gespräch komme, dann sind sie von meiner Aktion und der Idee sehr angetan.“ In Lobberich stünde ganz klar die Natur oben auf der Liste besonderer Plätze. „Ich kannte bisher nur die Seen, aber Nettetal bietet so viel mehr“, weiß Krause jetzt.

Marita Monod hat weiter nachgedacht: „St. Sebastian ist sehr schön. Das niederrheinische Schiefergebirge, wie man die Aula des Werner-Jaeger-Gymnasiums gerne nennt, ist vielleicht nicht schön, aber das kulturelle Angebot ist ausgezeichnet“, so die Nettetalerin. Dann gäbe es ja noch das Textilmuseum und die Burg Bocholt. Und schon ist Marita Monod mittendrin: Im Sinnieren über schöne Orte und ob das Paradies wirklich so weit entfernt liegt. Sie schreibt alles auf Krauses Archivkarten. Der macht Fotos von ihnen, bevor sie in der Archivbox verschwinden.

Krause sammelt alles und veröffentlicht einige Zwischenstationen im Internet. Dort führt er während der 14 Tage ein Tour-Tagebuch, in dem er seine Eindrücke schildert. „Am Ende der Aktion bin ich wieder in Mönchengladbach, werte die Ergebnisse aus. Ich komme im Herbst mit einer Wanderausstellung zurück“, sagt er. Doch zunächst freut er sich auf interessante Gespräche mit Niederrheinern und die Fahrten mit dem Rad.

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