Aktion: Flachs für die Pferdewiese

Nach altem Brauch hat Landwirt Heinz Schmitz die Aussaat vorgenommen: Mit frisch gewaschenem Hemd und Stock im Mund.

Aktion: Flachs für die Pferdewiese
Foto: Kurt Lübke

Lobberich. Ein frisch gewaschenes Hemd, eine Hose mit geschlossenen Taschen und ein Stock im Mund: Die Vorgaben bei der Flachs-Aussaat nach altem Brauch sind streng. Was genau dahinter steckt, erklärte Landwirt Heinz Schmitz zahlreichen Interessierten auf dem Nabu-Naturschutzhof am Sonntag.

Die Aktion von Naturschutzbund und dem Hinsbecker Textilmuseum „Die Scheune“ erfreute sich großer Beliebtheit.

Rund um den 10. April, den 100. Tag des Jahres, wird der Flachs gesät. „Es braucht 100 Sonnenstunden, bis aus den Samen eine sichtbare Pflanze sprießt. 100 weitere Sonnenstunden später erfolgt die Ernte“, erklärt Schmitz.

Danach wird der Flachs samt Wurzel ausgerissen („gerauft“), bündelweise ausgestellt und geröstet, damit sich die wertvollen Textilfasern von den Schäben („der schäbige Rest“) lösen. Neben dem Obst-Bongert, dessen Bäume in voller Blüte stehen, wurde eine Pferdewiese für den Flachs umfunktioniert. Daneben sollen später Kürbisse wachsen und Wildblumen blühen.

Drei Kilogramm Flachssamen bringt Schmitz auf den 150 Quadratmeter großen Acker aus. „Das Auswerfen der Samen habe ich vorab Zuhause draußen mit Sand geübt. Das ist alles reine Übung“, sagt der Vorsitzende des Naturschutzhof-Fördervereins. Handweise wirft Schmitz die Flachssamen auf den aufgelockerten Boden, verteilt sie regelmäßig auf der Erde.

Dass er dabei einen Stock im Mund hat, ist einem vieler Aberglauben geschuldet, die sich um die Flachs-Aussaat ranken. „Der Flachs verträgt keine lauten Gespräche“, heißt es im Volksmund — deshalb der Stock und die Stille.

Angeblich wächst der Flachs so hoch, wie die Ehefrau des Sämanns rückwärts vom Tisch weg springen kann. Diese Aufgabe übernahm am Sonntag eine Nabu-Ehrenamtlerin. Ihrem Sprung zur Folge wird der Flachs dieses Jahr 1,20 Meter hoch.

Dass das Saathemd des Sämanns frisch gewaschen ist, hat praktische Gründe: So schafft es kein Unkrautsamen hinein. Die Leinenseide etwa ist eine Rankpflanze, die am Flachs hochwächst und ihn kaputtmacht. Die geschlossenen Taschen der Sämann-Hose soll Diebstahl verhindern.

Besonders empfehlenswert ist eine „Fahrt ins Blaue“, wenn die blauen Blüten des Flachses die Fläche in ein einziges Blütenmeer verwandelt. Laut Bauernkalender ist dies rund um St. Vith der Fall.

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