„Nettetal-Agenda 2020“ soll den Haushalt konsolidieren

Nettetal steckt tief in den roten Zahlen, das strukturelle Defizit liegt bei zwei Millionen Euro in jedem Jahr.

„Nettetal-Agenda 2020“ soll den Haushalt konsolidieren
Foto: dpa

Nettetal. Bürgermeister Christian Wagner und Kämmerer Norbert Müller haben dem Rat schwer verdaulichem Lesestoff für die Ferien aufgegeben. Die Stadt steckt tief in roten Zahlen. Ende 2014 fehlten 822 000 Euro. Das Defizit dieses Jahres wird 5 Mio. Euro betragen. Zu allem Überfluss verkündete Müller mit dem Haushaltsentwurf 2016 ein planmäßiges Defizit in Höhe von 3,3 Mio. Euro.

Mit einer „Nettetal-Agenda 2020“ will Wagner die Finanzen konsolidieren. Die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) bescheinigt der Stadt ein strukturelles Defizit von zwei Millionen Euro in jedem Jahr. Der Bürgermeister kündigte dem Rat eine schonungslose Aufgabenkritik an, Tabus soll es nicht mehr geben können. Denn dreimal schon versuchten in seiner Regie Rat und Verwaltung vergeblich, die strukturelle Schwäche nachhaltig zu beseitigen. Es komme darauf an, endlich spürbare nachhaltige Schnitt zu vollziehen. Wagner gibt dem Rat bis zum Ende der Wahlzeit im Jahr 2020 Zeit.

Das Dilemma Nettetals lässt sich an wenigen Positionen ablesen. Die angeblich „sprudelnden Steuerquellen“ gibt es hier nicht. Müller gestand dem Rat vielmehr, zu hohe Erträge erwartet zu haben. Die Gewerbesteuer pendelt sich bei 15 bis 16,5 Mio. Euro ein. Dafür erhöht das Land zwar die Schlüsselzuweisungen, aber die fangen mit etwa 10 bis 11 Mio. Euro bei weitem nicht das auflaufende Defizit auf. Müller überlässt es der Politik, ob die Hebesätze für die Steuern (Gewerbe und Grundtücke) angehoben werden.

Sehr große Sorgen muss sich die Stadt über die Personalkosten machen. Die Zahl der Stellen und Köpfe ist gestiegen. Wagner betrachtet dies als unerlässlich für angesichts zunehmender Aufgaben. Signifikant ging’s allerdings mit dem eigenen Jugendamt in die Höhe. Im Jahr 2012 gab die Stadt noch 11,6 Mio. Euro aus, für 2016 rechnet der Kämmerer mit 14,8 Mio. Euro Personalkosten inklusive der Rückstellungen. Die sich abzeichnende höhere Vergütung des Erziehungspersonals schlägt sechsstellig zu Buche.

Etwas Luft verschaffen kann die Stadt sich mit einer konsequenten Gebäudebewirtschaftung. Die Stadt zahlt künftig Mieten an den Nettebetrieb. Es fallen Kosten weg für Schulgebäude, die aufgegeben werden (Hauptschule und ehemalige Comeniusschule Lobberich).

Kaum Spielraum bleibt bei den Sozialkosten. Die stecken zu einem beträchtlichen Anteil in der steigenden Kreisumlage, außerdem muss die Stadt viel Geld für die Flüchtlingshilfe zahlen. Dem Kreis muss Nettetal in diesem und im kommenden Jahr jeweils annähernd 20 Mio. Euro überweisen. Die Transferleistungen der Stadt für Sozialleistungen betragen im kommenden Jahr 6,7 Mio. Euro. Sie stiegen seit Übernahme des Jugendamtes um 2,3 Mio. Euro, dafür fiel die — allerdings geringere — Jugendamtsumlage an den Kreis weg.

Nicht überall in der Verwaltung ist der Kostendruck angekommen. Die Kämmerei hatte eine harte Budgetierung verfügt und verlangt schlüssige Erklärungen für Aufwendungen. Wo sie ausblieben, gibt sie das Geld nicht frei. Unterdessen schmilzt die Ausgleichsrücklage, die die Defizite noch auffängt. „Die Stadt Nettetal muss jetzt schnell, aber überlegt handeln, will sie einen Teil der Rücklage noch retten“, fordert Müller. Wagner verlangt vom Rat „einen ersten klaren Konsolidierungserfolg“ bereits für 2016. „Was sich so abstrakt vielleicht recht freundlich anhört, wird uns dennoch schwierige Entscheidungen abverlangen. Wir werden nicht mehr alles in der gleichen Weise wie bislang tun können, manches gar nicht mehr und müssen trotzdem in anderen Bereichen unsere Anstrengungen erhöhen. Kürzungen, Veränderungen und neue Themen“ seien nun ständige Wegbegleiter.

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