Kunst am Niederrhein — einig Beuys-Land

In der Region befassen sich gleich zwei Museen mit dem Künstler. Sie wollen nach jahrelangen Spannungen erstmals kooperieren.

Kleve. Wer Joseph Beuys verstehen will, muss an den Niederrhein kommen. In der Region mit Wiesen und Alleen entwickelte der in Krefeld geborene Ausnahmekünstler (1921-1986) in der Zeit seiner größten Krise seine Auffassung von Kunst, die Generationen von Künstlern nach ihm prägen sollte. Das Problem ist nur: Es gibt dort gleich zwei Beuys-Museen — gerade einmal zehn Kilometer voneinander entfernt.

Im Museum Kurhaus Kleve kann man das erst kürzlich wiedereröffnete restaurierte Atelier von Beuys besichtigen. Großzügig haben es die Witwe Eva Beuys und ihre Kinder mit Dauerleihgaben aus ihrem privaten Besitz bestückt. Kleve beherbergt damit das einzige restaurierte Atelier von Beuys in Deutschland.

Ganz in der Nähe liegt das märchenhaft anmutende Schloss Moyland, das ebenfalls einen einzigartigen Beuys-Schatz hütet: Rund 6000 frühe Werke des Künstlers und ein Archiv mit Zehntausenden Dokumenten gehören dazu. Zwei auch überregional renommierte Museen, die sich beide zudem mit Ausstellungen junger Kunst profilieren wollen — die aber jahrelang in einem Spannungsverhältnis zueinanderstanden.

Der eine Grund für die Spannungen ist Eva Beuys. Sie bedachte das Kurhaus reich mit wertvollsten Leihgaben aus dem Frühwerk ihres Mannes. Moyland dagegen wurde über Jahre von ihr ignoriert.

Es geht aber auch um persönliche Beziehungen. Mit dem langjährigen Leiter des Museums Kurhaus Kleve, dem Niederländer Guido de Werd, pflegte die Familie Beuys seit den 70er Jahren ein freundschaftliches Verhältnis. Fast 40 Jahre prägte de Werd die Kunst in Kleve. Er machte aus dem ehemaligen Kurhotel mit Wandelhalle und Bad ein überregional beachtetes und mehrfach ausgezeichnetes Museum für zeitgenössische Kunst.

Nun soll sich im Verhältnis der beiden Häuser vieles ändern. Im Museum Kurhaus Kleve ist seit April Harald Kunde neuer Leiter. In Moyland ist seit 2009 Bettina Paust am Ruder. Beide wollen eine schwierige Vergangenheit überwinden. Denn beide Museen könnten durchaus mehr Besucher vertragen: In Kleve sind es jährlich rund 30 000, in Moyland waren es 2011 rund 47 000.

„Wir wollen das Verhältnis anders gestalten“, sagt Kunde. Er hat sich mit Paust schon zusammengesetzt. Ein Konzept wird erarbeitet: Wechselseitig wollen die Häuser über Ausstellungen im jeweils anderen Museum informieren und Schulklassen möglichst nach Kleve und nach Moyland lotsen. „Wichtig ist, dass aus grundsätzlichen Lippenbekenntnissen mehr wird“, sagt Kunde. „Jeder, der sich für Beuys interessiert, muss beide Häuser sehen“, sagt Paust.

Beide Museen ergänzen sich fast perfekt: So hängt in Beuys’ Atelier in Kleve ein Schwanenrelief in Keramik, in Moyland ist das gleiche Relief des fliegenden Schwans vor niederrheinischer Landschaft aus unglasiertem Ton ausgestellt — flankiert von einer frühen Schwan-Zeichnung mit demselben Motiv.

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