Klinik Wegberg: Chefarzt gesteht

Ehemaliger Chefarzt räumt Fehler ein. Urteil noch in diesem Monat.

Mönchengladbach/Wegberg. Dienstagmittag, 12.13 Uhr: Gemessenen Schrittes geht Arnold Piers Verteidiger Thomas Verheyen zum Tisch der Staatsanwaltschaft und legt dort einen Stapel Papier ab — Piers Geständnis, das der Anwalt direkt im Anschluss auch verliest.

„Ich muss heute feststellen, dass ich nach Übernahme der Wegberger Klinik aufgrund der Fülle der Aufgaben als Arzt Fehler gemacht habe, die ich zutiefst bedauere und deren Ausmaß mich erschreckt.“ So beginnt die Erklärung, die sich mit insgesamt 18 angeklagten Fällen beschäftigt.

Piers eigenes erstes Wort fällt um 12.26 Uhr. Es ist ein „Ja.“ Knapp, aber deutlich — auf die Frage von Richter Lothar Beckers, ob die von Verheyen verlesene Erklärung Piers eigene sei.

In der vergangenen Woche hatte sich diese Wende im Prozess herauskristallisiert. Seit anderthalb Jahren wird gegen den ehemaligen Betreiber und Chefarzt der Wegberger St. Antonius-Klinik vor dem Landgericht in Mönchengladbach verhandelt. Zahlreiche Fälle von Körperverletzungen unterschiedlicher Schwere hatte die Staatsanwaltschaft Pier vorgeworfen.

Zudem sollte er den Tod von sieben Menschen verschuldet haben. Davon steht unter dem Strich längst nicht mehr alles in dem Geständnis. Donnerstag hatte Richter Lothar Beckers einen Zwischenbericht gegeben, wie das Gericht bislang — also nach reiner Aktenlage — die noch ausstehenden Fälle würdigt. Dabei kamen die Richter zu dem Schluss, dass neben verschiedengradigen Körperverletzungen drei Körperverletzungen mit Todesfolge und eine fahrlässige Tötung Bestand haben könnten.

In anderen Fällen wertete das Gericht die Taten nicht so schwer wie die Staatsanwaltschaft, kam sogar zu dem Schluss, dass Pier teilweise freigesprochen werden müsse. Genau an diesem Zwischenbericht orientierte sich Piers Geständnis.

In jedem einzelnen Punkt allerdings ließ Pier erklären, dass er zum Zeitpunkt der Maßnahme oder Operation der festen Überzeugung gewesen sei, richtig zu handeln — und erst im Nachhinein habe feststellen müssen, dass ihm Fehler unterlaufen seien.

Pier räumte ein, dass er sich mit seiner Aufgabe in Wegberg übernommen habe. „Als ich das Krankenhaus übernommen habe, war ich leitender Arzt, Klinikdirektor, Chef der Chirurgie und Geschäftsführer. Aus heutiger Sicht sind das zu viele Ämter in einer Person.“ Dass es jemals bei einer zu viel ausgeführten Operation wirtschaftliche Interessen gegeben hätte, bestritt Pier. „Dass es keine wirtschaftlichen Vorteile gab, würden wir für jeden einzelnen Fall belegen können“, ergänzte Anwalt Verheyen.

Einer der Nebenkläger, die den Prozesstag verfolgten, wollte zum Abschluss wissen: „Warum haben Sie sich so viel Zeit gelassen, um Fehler einzuräumen, die man doch früher hätte erkennen können?“ „Da geben Sie keine Antwort drauf - mein Rat“, ließ sich Verteidiger Egon Geis vernehmen.

Verheyen entschärfte die Situation, indem er ankündigte, die „menschliche Thematik“ werde Pier in seinem Schlusswort ansprechen. Plädiert werden soll nun am 21. März, das Urteil wird für den 28. März erwartet. Pier drohen bis zu viereinhalb Jahren Haft, auf die die sechsmonatige Untersuchungshaft und neun bis 13 Monate für eine überlange Verfahrensdauer angerechnet werden können.

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