Serie zur Landwirtschaft So geht’s Bulle, Kuh und Kalb

St. Hubert · Im Rahmen der Landwirtschaftsserie hat die WZ den Zuchtbetrieb von Heinz-Jürgen Krouhs an der Scheifeshütte in St. Hubert besucht. Dort geht es um Zucht, Mast und letztlich Schlachtung.

 Das schmeckt: Eine der Mutterkuhgruppen genießt in der Sonne einen Happen Heu. Vorne links ist Bulle Lama zu sehen.

Das schmeckt: Eine der Mutterkuhgruppen genießt in der Sonne einen Happen Heu. Vorne links ist Bulle Lama zu sehen.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Was für eine Idylle: Die Sonne scheint, nur Vögel sind zu hören, friedlich kaut eine Gruppe von Rindviechern auf ihrem Futter herum, grast oder steht unter einem Baum. Auch aus den Ställen ist nichts zu hören, allein der Wind lässt eine hölzerne Scheunentür klappern. „Die Tiere halten Siesta“, sagt Heinz-Jürgen Krouhs, Herr über 100 Mutterkühe, eine sich manchmal täglich ändernde Anzahl von Kälbchen, sechs Zuchtbullen, 150 Jungrinder sowie 200 Jungbullen zur Mast. Sein Hof liegt an der Scheifeshütte in St. Hubert, in unmittelbarer Nähe des Königshütte-Sees.

Bulle Lama bringt etwa 1200 Kilogramm auf die Waage und ist damit noch nicht einmal die stattlichste Erscheinung unter seinesgleichen auf dem Hof, wie Krouhs sagt. Das macht Lama anscheinend nichts aus, denn er bewegt sich gelassen inmitten seiner kleinen Herde. Ihm und seinen Kühen kommt so schnell niemand zu nahe. „Ich gehe nicht einfach so auf die Wiese“, sagt Krouhs. Muss beispielsweise ein Kälbchen eine Ohrmarke bekommen, so komme ein Trecker zum Einsatz, der ein Gitter transportiert, das über das Tier herabgelassen wird und es dort umschließt. „Ich klettere dann herein und kann tun, was zu tun ist“, so der 48-Jährige.

Auch ansonsten behält er seine Kühe lieber im Auge, nähert sich ihnen mit leckerem Getreideschrot, dem sie dann folgen. „Eine Kuh, die ein Kalb führt, kann viel aggressiver sein als ein Bulle“, weiß er. Und wenn dann im Stall gleich mehrere Kühe mit ihrem Nachwuchs stehen, sei nicht gut Kirschen essen mit ihnen. Sobald sich jemand nähert, bilden sie einen Ring um die Jungen und nehmen den Störenfried ins Visier, so Krouhs.

Dabei sehen die Tiere auf dem Kaatzhof so hübsch, fast schon niedlich aus, mit ihrem rot-braunen Fell, das sich an manchen Stellen lockt, da das Winterfell noch nicht vollständig verloren ist. Und dann noch die hell umrandeten Augen. „Das sind Limousins, benannt nach der Region in Zentralfrankreich“, erklärt der Landwirt. Und als er schwärmt, „sie haben ein hervorragendes, saftiges und fein marmoriertes Fleisch“. Es ist klar, dass er diese Tiere nicht nur wegen ihres Aussehens hält. Denn die Muttertiere sollen Kälber bekommen, die weiblichen von ihnen werden dann die gleiche Laufbahn einschlagen wie ihre Mütter, die männlichen werden gemästet und später mit etwa zwei Jahren verkauft. Dann haben sie ein Gewicht von 700 bis 800 Kilogramm. Abnehmer der Krouhs-Jungbullen ist der Naturverbund Niederrhein, die Großschlachterei Thönes in Wachtendonk.

Mit einem sogenannten Natursprung sorgen der vierjährige Lama und die anderen Zuchtbullen für Nachwuchs bei den Kühen. Ihre Treffsicherheit: 90 bis 95 Prozent. „Die Kälber bleiben acht Monate bei der Mutter. Als Jungrinder sind sie im Sommer auf der Weide und im Winter bei Strohhaltung im Stall“, erklärt Krouhs. Bei der Trennung von Mutter und Kind – die lautstark von beiden etwa zwei Tage lang betrauert wird – sind die Mütter bereits wieder trächtig. „Die Kühe werden nie gemolken. Ihre Milch bekommen nur die Kälber“, so der 48-Jährige. Sollte eine Kuh also zu alt zum Gebären sein oder damit Schwierigkeiten haben, dann ist sie nicht mehr rentabel und wird „ausselektiert“, sprich landet beim Schlachter. „Wir müssen wirtschaftlich arbeiten“, sagt der Landwirt.

Die männlichen Jungbullen wandern in einen sogenannten Tretmiststall, der als Außenklimastall angelegt ist. In ihm herrscht das ganze Jahr über die gleiche Temperatur wie draußen. Sie sind dort in Gruppen zusammengefasst. „Wir haben maximal elf Tiere in einer Gruppe; die Größe ist der Stallfläche angepasst. Sie stammen aus unserer Zucht oder sind hinzugekauft“, erklärt Krouhs. Auch sie stehen auf Stroh und erhalten unter anderem Silage und Getreide, beides wird selbst angebaut wird: „Sie bekommen 365 Tage im Jahr das gleiche Futter.“

Bei den Jungbullen sind Krouhs und Tobias Hoffmann, der sein Gesellenjahr für die Landwirteausbildung auf dem Hof absolviert, ebenfalls auf der Hut. „Die Boxen betritt niemand“, sagt Krouhs. Für das Ausmisten des Tretmiststalls sind Maschinen im Einsatz und wenn Tiere separiert werden müssen, wieder stabile Gitter. Da sie in ihrer Gruppe eine Randordnung herstellen, gibt es regelmäßig Gerangel. Um Verletzungen für Tier und Mensch gering zu halten, sind die Limousinrinder enthornt. „Das geschieht mit Betäubung und Schmerzmitteln und muss in den ersten sechs Lebenswochen geschehen“, erläutert der Landwirt.

Am Standort Scheifeshütte gibt es schon seit dem Jahr 1200 einen Hof. 1761 hat dann ein Krouhs in den Kaatzhof eingeheiratet, weiß Mutter Elisabeth Krouhs. Das älteste Gebäude auf der Anlage stammt noch aus dem Jahr 1897 und das letzte ist von 2016. Heinz-Jürgen Krouhs hat eine Landwirtschaftslehre absolviert und den Meister im Garten- und Landschaftsbau gemacht. Was man dem liebevoll angelegten und gepflegten Garten am Haus ansieht. „Damals war noch unsicher, was mit dem Standort passiert“, sagt Krouhs. In der Region gebe es zwar gute Böden, aber eben auch wenig Fläche für ein weiteres Betriebswachstum. Zunächst habe er auf dem Hof seinen Eltern, Mutter Elisabeth und seinem bereits verstorbenen Vater Heinrich, geholfen, und als Landschaftsgärtner mit Vollanstellung gearbeitet. Sich dann aber doch für den Vollerwerb als Landwirt entschieden.

Krouhs bewirtschaftet 120 Hektar Nutzfläche (80 Grünland und 40 Acker für Getreide, Feldgras und Silomais für die Zucht und Mast). Schon zu seines Vaters Zeiten seien die Milchkühe abgeschafft worden. Um in die Milchwirtschaft einzusteigen, wären große Investionen in Stallbau, Herde und Milchquote nötig gewesen, sagt Krouhs. Das sei für einen Neueinsteiger „finanziell kaum zu stemmen gewesen“. Da er aber immer schon Kühe mochte, sei die Mutterkuhhaltung eine gute Alternative gewesen. Und da wiederum die Limousinrinder, die wenig anfällig für Krankheiten seien und noch im Alter eine gute Fleischqualität bieten.

Krouhs fühlt sich seinen Tieren verbunden. Der Stall mit den Kühen, die kurz vor dem Kalben sind, ist direkt am Wohnhaus, so dass er auch „im Schlafanzug nach dem Rechten sehen“ kann. Er bringt seine Tiere aber auch selbst zum Schlachthof und verfolgt das Geschehen dort bis zum Zerlegen. „Wer ein Stück Fleisch auf seinem Teller hat, muss sich darüber im Klaren sein, wie es dahin kommt“, sagt er. Und betont, dass jeder, der sich für seinen Hof interessiert, nach Anmeldung willkommen ist (weitere Informationen im Kasten).

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