Zu alten Akten ins Kellergewölbe

Am Samstag konnten Besucher einen Blick ins Archiv in der Kempener Burg werfen. Die Diskussion um die Zukunft der Einrichtung war dabei natürlich Thema.

Zu alten Akten ins Kellergewölbe
Foto: Friedhelm Reimann

Kempen. „Sie kriegen von mir nur fachliche und nicht politische Antworten“, sagt Gerhard Rehm den Besuchern im Stadt- und Kreisarchiv in der Burg. Es war nicht der erste „Tag der Archive“, aber zum ersten Mal spielte am Samstag die Zukunft des Kreisarchivs eine besondere Rolle bei den Besuchern.

Die Zukunft des Archivs und der Kempener Burg werden zurzeit vieldiskutiert — auch bei den Besuchern, die sich am Samstag durch die Räume in der kurkölnischen Landesburg führen ließen. Eine ältere Dame, die namentlich nicht genannt werden möchte, hält nichts von den Plänen des neuen Landrats Andreas Coenen.

Gerhard Rehm, Archivleiter

Während es auf der einen Seite unter den Besuchern kritische Stimmen mit Blick auf die Kosten für einen Neubau bei der angespannten Haushaltslage gab, sah das unter anderem Günter Solecki anders: „Ich bin für einen Neubau in Kempen. Die Burg sollte mit Leben erfüllt werden, sie muss der Bevölkerung weiterhin zugänglich bleiben, nicht abgeschottet wie Schloss Krickenbeck.“

Der Archivleiter Rehm räumte ein, dass sich die Besucher nicht gerade die Klinke in die Hand geben: „Wir haben rund 1000 Besucher im Jahr.“ Rehm erklärte, dass im Kreisarchiv Akten, Urkunden und Zeitschriften für alle kreisangehörigen Gemeinden, außer Willich und Viersen, verwaltet werden. Der erste Eindruck, man finde hier nichts, täusche: „Binnen maximal 30 Minuten können wir jedes gewünschte Schriftstück präsentieren.“

90 Prozent des Schriftguts aus den Rathäusern werde aussortiert: Aufbewahrt werde alles, was mit der Geschichte des Ortes und der Menschen zu tun habe und der Rechtssicherheit diene wie zum Beispiel Verträge. Erstaunlich, was in den grauen Pappkartons alles so aufbewahrt wird: „Hier sind Akten aus Niederkrüchten — einige stammen aus dem 17. Jahrhundert und sind noch mit dem Siegel des Königs von Spanien versehen“, schwärmte der Archivleiter.

Seit dem 19. Jahrhundert werden auch die Akten des Thomaeums im Kreisarchiv aufbewahrt: „Hier finden sie jede Abiturarbeit“, erklärte Rehm nicht ohne Stolz. Was ihm gar nicht behagt: „Die Heimatvereine neigen dazu, Nebenarchive aufzubauen.“

Was war am 17. Mai 1963 in Kempen los? Gerhard Rehm könnte binnen weniger Minuten die Westdeutsche Zeitung von diesem Tag raussuchen.

Ein anderes Thema sind die Personenstandsregister. Viele Familienforscher kommen in die Kempener Burg. Sie erhalten Informationen von rund 1580 bis heute und sie ersparen sich Wege, weil in Kempen auch Unterlagen von Tönisvorst, Brüggen, Niederkrüchten, Nettetal und Grefrath zu finden sind.

Die Besucher, die sich einer der Führungen anschlossen, stiegen hinab in das Kellergewölbe aus dem 14. Jahrhundert. In Stahlschränken — so erfuhren sie — lagern Schriftstücke, die zum Teil kaum älter sind als das Gemäuer, das sie umgibt. Zum Tag der Archive waren kleine Ausstellungen präsentiert worden. Eine zu dem Thema „Transport“ zeigte Fotos wie das von Joh. Baltes: 1932 war sein Kleinbus der Marke Opel Blitz das erste seiner Art in der Region.

Die „Geheime Spezialakte betreffend Mobilmachung“ des Dritten Reiches wurde hinter Glas präsentiert. Wer sich für Heimatliteratur interessiert, konnte am Samstag ein Schnäppchen machen: Viele Heimat-Jahrbücher waren für einen Euro zu haben.

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