Brauchtum in Kempen Willkommen in der St. Martin-Stadt

Kempen · Das Lichtermeer beim Zug in Kempen zog wieder Zehntausende in seinen Bann.

Ein Höhepunkt des Zuges war diese Großfackel des Thomaeums: das Haus aus dem Film „Oben“.

Ein Höhepunkt des Zuges war diese Großfackel des Thomaeums: das Haus aus dem Film „Oben“.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Es ist ein Lichtermeer von Tausenden von Laternen. Getragen von unzähligen Kinderhänden zieht der Martinszug durch die Kempener Innenstadt. Immer wieder sind von Seiten der Besucher, die die Straßen dicht an dicht säumen, bewundernde Ausrufe zu hören. Glühweinduft und Püfferken-Geruch liegen in der Luft. Martinslieder, begleitet von den verschiedenen Musikgruppen, sind zu hören. Ein in die Menge winkender St. Martin („Jüppi“ Trienekens) samt seinen Herolden Michael Fander und Georg Funken lässt Kinderaugen strahlen. Pechfackeln, getragen von der Freiwilligen Feuerwehr, knistern. Auf Fenstersimsen flackern Kerzen in Teelichtern, in Fenstern hängen Laternen und Lichterketten – ganz Kempen hat sein Martinskleid angezogen. Für die zehntausenden Besucher ist es am Samstag ein gigantischer Anblick.

Bei den Fackeln der Grund- und weiterführenden Schulen kennt die Kreativität keine Grenzen. An einer Stelle des Zuges erscheint es so, als wenn zwei strahlende Hände aus dem Nichts auftauchen und mit leuchtenden Bällen jonglieren. Träger des ausgeklügelten Konstruktes ist Robert. Selbst schwarz gekleidet, trägt er seine Elemente an einer ebenfalls schwarzen Konstruktion, so dass es im Dunkeln scheint, als ließen die Hände die Bälle durch die Luft fliegen.

Ganze Inseln sind im Zug unterwegs. Die sechsten Klassen vom Thomaeum haben das Thema „Eine Insel mit zwei Bergen“ umgesetzt. Katharina hat eine leuchtende Insel mit vielen kleinen Häusern geschaffen. Wobei über dem Ganzen eine Weltkugel strahlt, die ebenfalls Licht in sich hat. Bei Nina ist es eine türkis-orang-farbene Variante, die in den Abend hinein schillert. Unterwasserwelten sind unter den Inseln entstanden und sogar Lummerland schwebt durch die Luft. Lokomotive Emma schnaubt auf Schienen und Jim Knopf steht vor den beiden Bergen. Mit einem leichten Wippen präsentiert sich der Scheinriese Tur Tur. Bei jedem Schritt seines Trägers scheint es, als würde sich der Scheinriese bewegen.

Das große, von 1120 Leuchtdioden erhellte Haus aus dem Film „Oben“, das in der Fackel-AG des Thomaeums entstanden ist, lässt die Besucher spontan applaudieren. Wobei in seinem Inneren Linn und Ella als Trägerinnen stecken und es daher so wirkt, als würde das Haus wirklich an seinen Ballons schweben.

Doch egal um welche der handgearbeiteten Laternen es sich auch handelt, in jeder einzelnen stecken unzählige Stunden Arbeit. Ob Ritztechniken in schwarzem Tonkarton, bei der die Felder mit Transparentpapier beklebt werden oder die bekannte Ballonlaterne, bei der ein Ballon aufgeblasen und im Anschluss mit unzähligen Lagen von Transparentpapier ummantelt wird oder Konstrukte aus Draht und Pappmache – für die Besucher ergibt sich ein vielschichtiges Bild. Auch wenn es bei den verschiedenen Schulen Klassenmottos gibt: Jedes Modell der rund 3000 Teilnehmer ist ein unverwechselbares Unikat.

Karlson vom Dach fliegt bei der Astrid-Lindgren-Schule genauso wie Pippi Landstrumpf ihr Pferd trägt. Die Liebfrauenschule Mülhausen lässt Schmetterlinge flattern. Etwas weiter sind es tropische Vögel.

Die aus Viersen kommenden Franziskus-Schüler haben Eulen mitgebracht. Aufgeschlagene Bücher mit geheimnisvollen Schriftzeichen strahlen den Zuschauern entgegen. Es gibt leuchtende Blüten und ganze Unterwasserlandschaften mit Fischen, Quallen, Korallen und Seesternen. „Die haben wir mittels Punziertechnik hergestellt“, informiert Jesper. Leuchtende Röcke schwingen beim Martinszug ebenso mit. Hundertwasser-Motive sind genauso zu sehen wie Lollies in Übergröße.

Gleich von drei Jugendlichen wird die neue Schullaterne der Kempener Gesamtschule mit ihrem Martins-Motiven getragen. Said, Yassin und Jan sind sich dabei einig, dass es für sie die schönste Laterne im ganzen Zug ist.

Eins ist am Ende eines wunderschönen und weitgehend trockenen Samstagabend klar: So viele handgefertigte Laternen gibt es nur beim Martinszug in Kempen zu sehen. Stimmungsvoller kann St. Martin nicht gefeiert werden. Kempen ist einfach die St. Martin-Stadt.

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