Analyse Wahlkampf in Kempen: Wer kommt wie aus der Pause?

Kempen · Auf dem Weg zum Wahltermin am 13. September hat die Corona-Krise die Wahlkämpfer in Kempen ausgebremst – nun geht es an den Re-Start.

 Das Kempener Rathaus am Buttermarkt.

Das Kempener Rathaus am Buttermarkt.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Nudeln für die Tafel, Mundschutz für Marktbesucher, ein digitales Fußballturnier für den guten Zweck – Parteien und Bürgermeisterkandidaten wagen sich wieder in den Wahlkampf. Ob nun in den sozialen Medien oder auch schon wieder auf der Straße. Der Kampf um die Wähler, die am 13. September über die Zusammensetzung des Stadtrates und einen neuen Bürgermeister abstimmen sollen, nimmt wieder Fahrt auf. Nach der Corona-bedingten Zwangspause beginnt der politische Wettlauf irgendwie von neuem. Ein Wettlauf, der gerade mit Blick auf das Bürgermeisteramt in Kempen so spannend ist und wird wie nie zuvor. Da ist es ebenso spannend zu wissen, wie die Kandidaten aus der Krise kommen. Wem hat die lange Pause geschadet? Wer profitiert womöglich davon? Eine Analyse.

Die berufsbedingte Präsenz
von Stadtsprecher Dellmans

Beginnen wir mit dem, der trotz der Wahlkampf-Pause präsent bleiben konnte und musste – von Berufswegen. Als Presse- und Marketingreferent der Stadt Kempen gehört der parteilose Christoph Dellmans zu dem Teil der Verwaltung, der die Corona-Krise gemanagt hat und weiterhin managt. Regelmäßige Medienpräsenz, Krisenstabstreffen, Austausch mit Handel und Wirtschaft. In dem Geschehen, das es in den vergangenen Wochen dann doch noch gab, war Dellmans mittendrin. Er übernahm die Rolle des Kümmerers, in der er sich schon im Vor-Corona-Wahlkampf gesehen hat. Er füllte und füllt diese Rolle gut aus. Am bislang guten Krisenmanagement der Kempener Verwaltung war der Pressesprecher an vorderster Front beteiligt.

Seit Beginn der Lockerungen kann Dellmans, nach eigenen Angaben heimatliebender Kempener, genau das wieder in den sozialen Medien ausspielen. Exemplarisch ein Facebook-Foto, das ihn und seine Lebensgefährtin mit Mundschutz vor einem Kempener Ortsschild zeigt. Das Paar bildet mit den Händen ein Herz – ein Herz für Kempen. Ein Aspekt, den der 52-Jährige ebenfalls bereits fest im Wahlkampf verankert hatte, dürfte derzeit umso besser funktionieren.

Grüne und SPD schwächeln im Bund – nicht gut für Dellmans

Wenn man also den Faktor, dass die Bürgermeisterwahl in erster Linie eine Personenwahl ist, als Standortbestimmung nimmt, war und ist die Krise für den Wahlkampf von Christoph Dellmans sicher nicht schädlich. Anders sieht es aus, wenn man auf die Unterstützerparteien des Kandidaten blickt. Bundesweit gehören die Grünen aus parteipolitischer Sicht zu den Verlierern der Krise. Und die SPD gehört mit Blick auf die Umfragewerte nicht zu den Gewinnern. Wenn das am 13. September noch abfärben sollte, ist es nicht gut für Dellmans.

Der Bundestrend in der Corona-Krise dürfte indes Philipp Kraft Hoffnung machen. Die Umfragewerte der CDU zeigen deutlich, dass sich die Menschen in den Krisenzeiten wieder der Partei zuwenden. Die überwiegend klare Linie im Regierungshandeln ist das, was die meisten Bürger schätzen und wohl auch honorieren. Diejenigen, die sich mit einem Aluminiumhut vor Strahlen schützen wollen, seien an dieser Stelle mal ausgenommen. Die Pro-CDU-Haltung im Bund könnte dem Kempener CDU-Kandidaten also durchaus ins Konzept passen, sollte sie sich denn tatsächlich bis Mitte September halten. Dennoch geht es um eine Personenwahl mit Kempener Themen. Insofern kann Kraft die Wahl nur vor Ort gewinnen.

Das Bekanntwerden von
Philipp Kraft wird verlangsamt

Zur Erreichung dieses Ziels verspürte der Personalmanager aus der freien Wirtschaft bis zum Corona-Shutdown eine Menge Rückenwind. Insbesondere die CDU selbst stand und steht wie eine Eins hinter dem zweifachen Familienvater. Mit einem überzeugenden Wahlergebnis auf dem Parteitag im Herbst und einem sehr guten Auftritt beim Neujahrsempfang unterstrich Kraft seine Stärken: wirtschaftliche Kompetenz und Fachwissen in Sachen Personalstrukturen. Vor allem letzteres ist eine entscheidende Expertise für den künftigen Bürgermeister. Schließlich steht bei allen Parteien und Kandidaten eine Reform der Personalstrukturen der Verwaltung im Wahlprogramm.

Neben der inhaltlichen Positionierung machte sich Kraft im Winter und Frühjahr ans klassische Bekanntmachen. Denn genau auf diesem Feld hatte Christoph Dellmans als Stadtsprecher, Prinzengardist und vielfaches Vereinsmitglied klare Vorteile. Diese hat er auch weiterhin, denn seit rund zwei Monaten bleibt Kraft in der Corona-Krise eher die passive Zuschauerrolle, die nun mit dem Wiederbeginn des Politikbetriebs so langsam aktiver wird.

Wichtige Frage: Was wird aus geplanten Podiumsdiskussionen?

Stellt sich die Frage, was aus Wahlveranstaltungen und Podiumsdiskussionen wird? Die ersten Termine sind wegen der Corona-Beschränkungen schon verschoben oder gar abgesagt. Viele waren und sind gespannt, wie sich Dellmans und Kraft in der direkten Auseinandersetzung schlagen. Dann, wenn es abseits von Facebook-Posts und Plakaten, überwiegend um Inhalte gehen soll. Veranstaltungen, in die viele CDU- und Kraft-Anhänger große Hoffnungen setzen.

Alsdorf und Franzes bleiben
weiterhin die Nebenrollen

Apropos Inhalte: Sowohl Dellmans als auch Kraft werden wissen, dass der nun verbliebene Turbo-Wahlkampf sich wegen der Corona-Pandemie thematisch völlig anders gestalten wird. Die Folgen der Krise müssen auch auf kommunaler Ebene bewältigt werden. Auch dafür erwarten die Wähler Lösungsansätze. Dabei muss es zum Beispiel darum gehen, wie die Stadt, deren Haushaltskasse noch leerer sein wird als zuvor, der Wirtschaft helfen kann. Und auch darum, welche Projekte überhaupt noch in ein Wahlprogramm gehören. So dürfte über eine Neugestaltung der Burg nicht mehr allzu ausführlich gesprochen werden.

Anhand der bisherigen Ausführungen dürfte klar sein, dass es in Kempen auf ein spannendes Duell zwischen Dellmans und Kraft hinausläuft. Aber es gibt ja bis dato noch zwei weitere Kandidaten. Für einen der beiden, nämlich Georg Alsdorf von den Freien Wählern Kempen (FWK), ist die Corona-Pause besonders bitter. Es dürfte zumindest zweifelhaft sein, ob außerhalb des Politikbetriebes viele Menschen mitbekommen haben, dass die Freien Wähler einen Kandidaten aufgestellt haben. Verkündet wurde die Kandidatur am 13. März. Just der Tag, an dem Land und Bund Schulen und Kitas in die schier endlose Corona-Zwangspause geschickt haben. Inzwischen ist Alsdorf offiziell von der Wählergemeinschaft aufgestellt. Nun wird sich zeigen, wie er sich ins Rennen einbringen kann.

Etwas besser hatte es da schon Cedric Franzes. Der Tönisberger steht bereits seit Ende Dezember als FDP-Kandidat fest. Und er ist obendrein in den sozialen Medien präsent. In einem Wahlkampf, der sich nicht nur wegen Corona deutlich mehr in der digitalen Welt abspielt, dürfte Franzes eine ganz gute Rolle spielen. So veranstaltete er jüngst ein digitales Fußballturnier für einen guten Zweck. Am 20. Mai wird er mit dem prominenten Krefelder Bundestagsabgeordneten Otto Fricke ein digitales Talk-Format anbieten. „Franzes & Fricke“ wollen über Generationengerechtigkeit sprechen. In Anlehnung an das durchaus bekannte Online-Format der FDP mit eben Fricke und dem liberalen Urgestein Hermann Otto Solms.

Corona-Pause hat Krafts
Rückenwind abflauen lassen

Und wo stehen wir jetzt nach dieser ausführlichen Betrachtung? Wenig überraschend wird es beim spannenden Duell zwischen Christoph Dellmans und Philipp Kraft bleiben – wahrscheinlich mit Stichwahl am 27. September. Durch Corona und Dellmans’ beruflich bedingte Präsenz dürfte sich der Kraft’sche Rückenwind etwas abgeflaut haben. Und jetzt geht’s für alle Kandidaten an den Re-Start.

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