Titularorganist der Kathedrale Notre Dame gab Konzert in Kempen Der Auftritt eines großartigen Improvisators

Kempen · Der Titularorganist der Kathedrale Notre Dame und Professor am Pariser Conservatoire, Olivier Latry, begeisterte an der Albiez-Orgel in der Paterskirche.

 Das Konzert von Organist Olivier Latry begann mit einem Stück von Johann Sebastian Bach.

Das Konzert von Organist Olivier Latry begann mit einem Stück von Johann Sebastian Bach.

Foto: Norbert Prümen

Als Anfang der 80er Jahre die berühmte Pariser Konzertorganistin Marie-Claire Alain die seinerzeit erst wenige Jahre alte Albiez-Orgel in der Propsteikirche mit ihrem Besuch beehrte, war das ein überregional beachtetes Ereignis. Im Laufe der Jahre spielten unzählige renommierte Organisten, auch aus dem frankophonen Raum – beispielsweise Gaston Litaize, Daniel Roth oder Jean Guillou - in Kempen, und nun gab der Titularorganist der Kathedrale Notre Dame und Professor am Pariser Conservatoire, Olivier Latry, dem klangvollen Instrument die Ehre. Auch diesmal kamen die Orgelmusikfreunde in Scharen und freuten sich, den illustren Gast nicht nur hören, sondern dank der Videoübertragung seinem Spiel auch zusehen zu können. Der inzwischen 60-Jährige, weltweit gefragte Künstler begann mit Johann Sebastian Bach. Dessen Fantasie und Fuge c-Moll BWV 537 schenkte er dank spannungsvoller Ausgeglichenheit berückende Ausdrucksintensität. Die Fuge bestach durch überlegt strukturierte Klarheit. Nach „Evocation 1“ aus der Feder des 1965 geborenen Thierry Escaich erfreute der Gast die Zuhörer mit dem Choral in a-Moll, den César Franck - einer der bedeutendsten französischen Komponisten - in seinem Todesjahr (1890) komponierte. Latry lotete nicht nur hier feinfühlig die klangliche Vielfalt der Orgel aus. - Louis Vierne, der im Jahre 1937 während eines Konzertes an seiner Orgel in der Pariser Kirche Notre Dame zusammenbrach und starb, war mit der „Aria“ aus seiner sechsten Sinfonie vertreten. Eine schöne Geste und eine Verbeugung vor Thomas von Kempen war die Wiedergabe einer Tonschöpfung von Olivier Messiaen (1908-1992) - benannt „Der verborgene Gott“ - der ein Text zur Verehrung des Altarssakramentes, verfasst vom großen Sohn der Stadt, zugrunde liegt. Messiaen - typische Klänge, einschließlich des bei diesem Komponisten immer wiederkehrenden Vogelgesangs, schufen eine ganz besondere Stimmung. Das Thema für die zum Abschluss vorgesehene Improvisation bekam Olivier Latry erst unmittelbar vor der Ausführung von Propsteikantor Christian Gössel genannt: den Choral „Verleih uns Frieden gnädiglich“. Nun erlebte das Auditorium noch eine zweite großartige Begabung des Orgelvirtuosen. Wie dieser den hochaktuellen Text dieses Chorals in all seinen Facetten und mit blitzschnellen Registerwechseln den Zuhörern nahebrachte, das war einfach grandios. Danach erhob sich das Publikum von den Kirchenbänken, um den großartigen Improvisator zu feiern. Dieser dankte mit einer Zugabe und vergaß auch nicht, sich bei seinen beiden zuverlässig agierenden Registranten zu bedanken.