Kempen Teure Neuwahlen oder Einigung?

Auf dem Buttermarkt oder per Mail haben Bürger ihre Meinung zur Lage in Berlin geäußert. Fast direkt aus der Hauptstadt kam Udo Schiefner (SPD) zur Redaktion vor Ort.

Kempen: Teure Neuwahlen oder Einigung?
Foto: Stache/dpa

Kempen. Was sagen die Menschen am Niederrhein zum Jamaika-Aus, zu dem Abbruch der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU, FDP und Grünen in dieser Woche in Berlin? Im Rahmen ihrer Redaktion vor Ort stand die WZ am Freitag auf dem Buttermarkt in Kempen und sprach mit Passanten.

Bei zur Diskussion stehenden Neuwahlen würden sich die meisten Parteien „ins eigene Fleisch schneiden“, sagt Ingrid Rupertz. „Viele, die sonst immer eine bestimmte Partei wählen, würde es sich dann überlegen.“ Sie selbst allerdings nicht, betont die Kempenerin, die zudem auf die hohen Kosten für Neuwahlen verweist. Am meisten aufgeregt habe sie sich über „den Lindner“ von der FPD, aber auch über die SPD. Und was sagt sie grundsätzlich zu der missglückten Einigung? „Schon die Kinder im Kindergarten werden zur Einigung aufgerufen — und die in Berlin bekommen das nicht hin.“

Kempen: Teure Neuwahlen oder Einigung?
Foto: Boss; Lübke

Auch der SPD-Bundestagabgeordnete Udo Schiefner und der Kempener Parteichef Jürgen Pascher sind zur Mobilen Redaktion gekommen. „Mit Ruhe und Besonnenheit“, so Schiefner, müsse man nun an die Lösung der Krise gehen — die aber keine Staatskrise sei. Die SPD werde sich Gesprächen nicht verweigern. Laut Schiefner könne es nicht darum gehen, jetzt einfach eine Regierungsfähigkeit „zusammenzuschmieden“. Es gehe um Inhalte. Und da sind dem Sozialdemokraten nach eigener Aussage der Einstieg in die Bürgerversicherung, eine angemessene Bezahlung der Pflegeberufe und „eine gescheite Solidarrente“ wichtig. Dies alles könne man auch durch eine Minderheitsregierung umsetzen, die von der SPD toleriert wird. Über eine mögliche GroKo müsste es eine Mitgliederbefragung geben. „Neuwahlen nur aus parteipolitischen Gründen darf es nicht geben“, ergänzt Pascher.

Mit der Idee einer von Angela Merkel geführten Minderheitsregierung könnte sich Heinz Schmeink durchaus anfreunden. „Neuwahlen wären für alle ein Risiko“, sagt er. „Die sollen sich einigen. Neuwahlen kosten viel Geld“, meint auch Karl-Erich Heise.

Günter Prießen nimmt per Mail Stellung: „Was haben diese Verhandlungen mal wieder bewiesen?“ fragt er und antwortet gleich: „Es geht den Damen und Herren nicht um uns Bürger, um die Mehrheit, es geht ausschließlich um ihre Klientel! Normalerweise kämpfen politische Parteien dafür, zu regieren. Darum geht es in der Politik. Ohne Macht kein Einfluss.“ Die SPD, meint Prießen, „soll Herrn Schulz in die Wüste schicken und wieder zu einer Groko zurückkehren, dann hat das Lamentieren ein Ende und wir hätten wieder eine funktionsfähige Regierung.“ Die SPD wäre bei Neuwahlen die größte Verliererin, meint er. Kosten für Neuwahlen beziffert er mit 90 Millionen Euro. „Die sollte man lieber für die Sanierung von Schulen und den Ausbau von Kindergärten verwenden.“

Die Äußerung von Schiefner, er sehe nicht ein, „dass wir uns opfern sollen“, kommentiert Prießen so: „Wenn regieren ein Opfer sein soll, dann sollten die Herren Bundestagsabgeordneten schnell ihr Mandat zurückgeben, was sie vom Volk erhalten haben.“

Manfred Wolfers sen. aus Grefrath meint: „Unsere Demokratie zu schwächen, kann nicht Ziel sein. Wir wollen in die Opposition, um unsere politischen Ziele zu erreichen und damit die Regierung schwächen, halte ich für verantwortungslos, egal, wie die Partei heißt. Ich bin erstaunt, dass Parteien, die mit der CDU/CSU keine Regierungskoalition eingehen wollen, keine Alternative anbieten.“ Eine Destabilisierung der Demokratie aus Egoismus in Kauf zu nehmen, sei Flucht aus der Verantwortung und schwäche „unser freiheitliches System. Weniger über Personen reden und mehr über Sachpolitik würde ich mir wünschen“, sagt Wolfers. Dem Bundespräsidenten wünsche er viel Erfolg im Bestreben Neuwahlen, „die wir nicht unendlich abhalten können, zu verhindern“.

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