Stolpersteine: „Thema ist interessant“

WZ-Mobil: Über Stolpersteine wird heiß diskutiert - Ist die Idee der richtige Ansatz oder doch nur „unehrenhaft“?

Kempen. Stolpern soll man gedanklich über diese Steine, die an im Holocaust ermordete Kempener erinnern sollen. Und das tun viele Bürger schon, bevor die Stolpersteine überhaupt verlegt sind — im positiven wie im negativen Sinne. Die Form des Gedenkens polarisiert. Zwar sprach sich die Mehrheit der Menschen, die sich am WZ-Mobil am Samstag zu der geplanten Aktion äußerten, für die Stolpersteine aus. Die Vehemenz der Gegner jedoch war nicht minder groß.

„Ich glaube nicht, dass die Menschen wollen, dass man 70 Jahre danach auf ihren Namen herumtrampelt. Ich finde das unehrenhaft. Das Thema gehört in die Schule und nicht auf die Straße“, sagte Hiltraud Heise (80).

Die 15-jährige Sarah aus St. Hubert kennt das Thema Holocaust aus der Schule und findet die Stolperstein-Aktion gut: „Das Thema ist interessant. Es sollte nicht in Vergessenheit geraten.“ Das sehen viele Kempener ähnlich. „Ich möchte, dass auch die junge Generation weiter an diese schrecklichen Ereignisse erinnert wird und sich mit der Vergangenheit auseinander setzt“, sagte Gisela Kadagies(59). „Man kann nicht genug gedenken“, findet auch Marlies Dugal (71).

René Birmes befürwortet die Initiative ebenfalls. „Wenn ich dort, wo ich mich täglich bewege, die Steine mit den Namen der deportierten Juden betrachten kann, wird für mich die Vergangenheit lebendig. Das weckt mein Interesse und ich möchte gerne viel mehr über das Schicksal derer erfahren.“

Ludger Nolte (58) findet, die Stadt Kempen habe bisher nicht genug getan: „Für mich waren die vorherigen Maßnahmen wie zum Beispiel die Stele am Rathaus Pflicht-Aktionen, um die versäumte Vergangenheit aufzuarbeiten. Ich finde nicht, dass in Kempen genug getan wird, um die Erinnerung an unseren ehemaligen jüdischen Mitbürgern wach zu halten.“

Gerhard Lamers hat die Kriegsjahre als Kind erlebt und erinnert sich sehr genau an die Nazi-Gräuel. „Das waren Nachbarn wie jeder andere auch. Und dann wurden sie verschleppt“, sagt der 79-Jährige. Auch er spricht sich dafür aus, den Nazi-Opfern in Form der Stolpersteine zu gedenken.

„Ich habe schon angefangen zu sparen“, sagtAdelheide Hoffmann (71), die gerne selbst Patin für einen solchen Stolperstein werden möchte. Die Erinnerung an jüdische Mitbürger wach zu halten, ist ihr wichtig — nicht nur in ihrer eigenen Familie.

Roland Henken (70) hat eine differenzierte Meinung: „Generell finde ich es gut, die Opfer in der Erinnerung wach zu halten. Aber ich habe auch Bedenken in Form von Entwürdigungen.“

Angela Krumpen kennt die Stolpersteine aus Köln. „Ich kann gut verstehen, wenn man zuerst glaubt, die Namen mit Füßen zu treten. Über dieses Gefühl kann ich mich hinwegsetzen, wenn ich über die Steine ,stolpere’ und den Menschen beim Betrachten ihrer Namen gedenke.“

Auch Werner Backes (67) kennt die Stolpersteine, nämlich aus Dormagen. Er weiß zu berichten, dass dort Menschen vor dem Geschäft einer jüdischen Frau bewusst auf die Steine treten und darauf spucken, um sie zu provozieren. Davon dürfe man sich aber nicht abhalten lassen, findet er: „Das kann man nicht vermeiden.“

Helmut Gielen sieht genau darin ein Problem der Stolpersteine. „Mir missfällt schon der Name. Gedenken sollte kein Stolperstein sein. Gedenktafeln dagegen haben etwas würdiges, angemessenes.“ Er plädiert dafür, die Verdienste der jüdischen Bevölkerung zum Beispiel in Kultur und Wirtschaft in Deutschland viel stärker in den Vordergrund zu rücken. Die Aktion sei gut gemeint, aber schlecht gemacht.

Auch Johanna Paaris(82) möchte keine Stolpersteine in der Thomasstadt. „Wir haben bereits zwei Denkmäler in Kempen. Dazu kommt noch der Jüdische Friedhof an der Breslauer Straße, der vor kurzem restauriert wurde. Ich finde das ausreichend. Die Namen der Opfer sollten nicht mit Füßen getreten werden.“ „Stolpersteine für die Täter“, forderte gar ein Kempener. „Auf denen sollte man herumtrampeln.“

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