Diskussion um Schwimmbad-Konzept Beim Freibad kochen die Emotionen hoch

Grefrath. · Viele Grefrather interessiert das Konzept für die Bäder. Harsche Kritik übte Bürgermeister Lommetz an den Gutachtern.

Wegen des großen Interesses war die Sportausschusssitzung vom Oedter Ratssaal in die Albert-Mooren-Halle verlegt worden. Neben den Vertretern von Fraktionen und Verwaltung waren auch viele Bürger gekommen, um die Vorträge der Gutachter zu hören.

Wegen des großen Interesses war die Sportausschusssitzung vom Oedter Ratssaal in die Albert-Mooren-Halle verlegt worden. Neben den Vertretern von Fraktionen und Verwaltung waren auch viele Bürger gekommen, um die Vorträge der Gutachter zu hören.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Dass Bürgermeister Manfred Lommetz ein Freund offener Worte ist, ist hinlänglich bekannt. Eine neue Eskalationsstufe dessen bekamen bei der Sportausschusssitzung am Dienstag in der Albert-Mooren-Halle nicht nur knapp 100 Grefrather zu hören, sondern auch drei Experten, die im Auftrag der Gemeinde Konzepte für die Grefrather Schwimmbäder entwickelt hatten.

Dietmar Altenburg von der Altenburg Unternehmensberatung aus Düsseldorf, die sich auf die Bäder-Konzepte spezialisiert hat, sowie zwei Stadtplaner des Büros HJPplaner aus Aachen stellten ihre Untersuchungsergebnisse den Politikern und interessierten Bürgern vor.

Freibadsanierung soll vier bis fünf Millionen Euro kosten

Altenburg sollte, so der Auftrag der Gemeinde, eine Machbarkeitsstudie zum ganzjährigen Schwimmen in Grefrath entwickeln. Dazu stellte er drei Varianten vor: der Erhalt von Hallen- und Freibad, ein Kombi-Bad mit Außenschwimmbereich am Hallenbad und ein Gartenhallenbad mit einer Außenfläche ohne Schwimmbecken.

Zunächst stand aber die Ist-Analyse an. Und die sieht für Grefrath nicht gut aus. Die Besucherzahlen sind bescheiden, die Kosten hoch, der Sanierungsbedarf ebenfalls. Anstehende Sanierungen kosten geschätzt 2 bis 2,5 Millionen Euro für das Lehrschwimmbecken im Hallenbad, vier bis fünf Millionen Euro im Freibad.

Für ein Kombibad würden auf der Schulwiese hinter dem Hallenbad ein rund 500 Quadratmeter großes „Nichtschwimmererlebnisbecken“ mit drei 25-Meter-Bahnen, ein Kinderbereich mit 80 Quadratmetern, Spielelemente und Beschattung, dazu Rutsche, Kiosk, Beachvolleyball, Spiel- und Liegewiese entstehen. Kosten: zwei bis drei Millionen Euro. Die Vorteile: Das Hallenbad wäre das ganze Jahr offen, im Sommer würden die Außenflächen zugeschaltet. Das bisherige Freibad ist mit rund 1200 Quadratmetern Wasserfläche da natürlich um einiges größer.

Die günstigste Variante wäre ein sogenanntes Gartenhallenbad, die Investition läge bei maximal einer Million Euro. Aber schon der Gutachter spricht hier von einer Notlösung, wenn kein Geld für anderes vorhanden sei. Denn dabei würde es draußen keine Wasserfläche, sondern nur Spiel- und Liegewiese mit Matschspielgarten, Beachvolleyball und Tischtennis geben.

Für die beiden neuen Vari­anten wäre die jährliche Belastung für die Gemeinde niedriger. Beim Zwei-Standort-Konzept liegen die Kosten bei rund 1,1 Millionen Euro, Kombibad rund 830 000 Euro, Gartenhallenbad nur rund 625 000 Euro. Und die Besucherzahlen werden beim Kombibad mit 73 800 höher als beim Hallen- und Freibad mit 68 500 Besuchern geschätzt. Rund 51 000 Gäste würden pro Jahr ins Gartenhallenbad kommen. Der Kostenzuschuss pro Besucher wäre dann im Kombibad niedriger (11,24 Euro) als im Gartenhallenbad (12,20 Euro) und beim Zwei-Standort-Konzept (15,65 Euro). Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass das Kombibad das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist.

Viele Grefrather waren an diesem Abend zur Sportausschusssitzung gekommen, um ihr Interesse am Erhalt des Freibades zu bekunden. Zu ihnen gehörte auch überraschenderweise ein merklich aufgewühlter Bürgermeister Manfred Lommetz, der auf Nachfrage zur Einwohnerfragestunde ans Mikrofon trat – und ordentlich gegen die Gutachter austeilte. „Das Freibad ist ein Kulturgut der Gemeinde“, so Lommetz. Er könne verstehen, dass seine Mitbürger das Thema emotional angingen. „Ich vermute, dass die Zahlen nicht der Realität entsprechen“, so der Bürgermeister weiter. Das Freibad könne man für weniger Geld sanieren. Und ein Anbau am Hallenbad hätte weitere Kosten zur Folge, wie für den Lärmschutzwall, die Aufarbeitung einer neuen Schulwiese und den Verlust des Grundstücks, das an die Gemeindewerke übergeben werden müsste.

Lommetz merkte auch an, dass der Bebauungsplan geändert werden müsse, um dort einen Außenbereich für das Schwimmbad realisieren zu können. Dafür würden zwei bis zweieinhalb Jahre ins Land gehen. Auch die Vertreter von HJPplaner, die die Parkplatzsituation analysiert hatten, bekamen ihr Fett weg. Die Situation sei unglücklich, so Lommetz. Dass an Spitzentagen der Parkplatz am Freibad genutzt werde, bezweifelte er. Stattdessen würden die Straßen zugeparkt.

Besucherzahlen sind in Grefrath laut Gutachter schlecht

Die Idee eines Kombi- oder Gartenhallenbads bezeichnete Lommetz als „halben Kram“ und „Alibi-Bad“. „Diesen Zirkus halte ich für absolut schwachsinnig“, so Lommetz, der für diese Aussage viel Applaus aus dem Publikum erntete. Mit einfachen Mitteln müsse man das Freibad erhalten. Aber, so der Bürgermeister, es könnte passieren, dass der Gemeinde die Mittel fehlen, dann müsste das Freibad aufgegeben werden.

„Wir haben eine wunderbare Freibadanlage, die intensiv genutzt wird“, so Lommetz, der davon ausgeht, dass Klimawandel und die wachsende Zahl von Menschen, die sich keinen Urlaub leisten können, dafür sorgen, dass die Zahl der Nutzer eher wieder steigt.

Dem widersprechen die Zahlen von Gutachter Altenburg, der sich auch über den, wie er befand, wahlkampfmäßigen und beleidigenden Ton des Bürgermeisters wunderte. Selbst in heißem Sommern wie in diesem Jahr seien die Besucherzahlen in Kombibädern höher als in reinen Freibädern.

„Es ist erstaunlich, wie schlecht Ihre Bäder besucht sind“, hatte Altenburg den Grefrathern gleich zu Beginn gesagt. Je Öffnungsstunde wurden 2017 sechs Schwimmer gezählt – der Bundesschnitt liege bei 20 Besuchern. Die Gemeindewerke fangen mit ihren Einnahmen die Kosten der Bäder auf. Die Frage sei, wie lange sie das noch können.

Die CDU-Fraktionsvorsitzende Wilma Hübecker bat, in der Diskussion zur Sachlichkeit zurückzukehren. Die Entscheidung sei völlig offen. „Ich möchte in Ruhe und sachlich diskutieren, was wir uns leisten können“, so Hübecker. Ausschussvorsitzender Bernd Bedronka (SPD) unterstrich, dass man nun in die Beratungen einsteigen und die Argumente der Bürger einbeziehen werde.

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