Grefrath Schrauben und Flicken bis nach Mitternacht

Zum ersten Mal gab es ein „Bike Repair Café“ im Grefrather Jugendzentrum Dingens. Und der Andrang war groß.

Grefrath: Schrauben und Flicken bis nach Mitternacht
Foto: Friedhelm Reimann

Grefrath. Ansonsten proben in dem Raum meist junge Bandmitglieder. Diesmal war daraus im Grefrather Jugendzentrum Dingens eine kleine Reparaturwerkstatt entstanden. Die Flüchtlingshilfe hatte erstmals gemeinsam mit Leon Küsters und Irena Hohl von der „Mobilen Jugendarbeit“ der Gemeinde dort ein „Bike Repair Café“ geöffnet. Mit erstaunlicher Resonanz: Noch um Mitternacht wurde dort geschraubt, geölt oder geflickt.

Schon gegen 19 Uhr, als der Werkstattbetrieb beginnen sollte, war im Dingens drinnen wie draußen einiges los. „Das ist hier viel zu voll und unübersichtlich, bitte wartet im Nebenraum, sonst blicken wir hier selbst nicht mehr durch“, sagte Leon Küsters in englischer Sprache zu den meist jüngeren Leuten. Darunter war auch Albert Deda. Der 39-jährige Albaner, der seit etwa sechs Monaten im Übergangsheim am Reinersbach in Grefrath wohnt, brachte sein gebrauchtes rotes Ragazzi-Rad mit. Es hatte einen Platten.

Christoph Heidler von Radsport Heidler an der Mülhausener Straße in Grefrath nahm sich viel Zeit, erklärte Albert Deda, der den defekten Schlauch in der Hand hielt, dass man jetzt erst einmal Wasser brauche, um das Loch orten zu können. Der 39-Jährige hatte es schnell begriffen, schmirgelte danach die besagte Stelle ab, ehe er den Flicken auf die löchrige Stelle klebte.

Jörg Kirschkes, Helfer

Außerdem kamen nach ihrem Training junge Fußballer mit ihren defekten Rädern vorbei. Sogar bis zu den Oedter Unterkünften hatte sich die Werkstatt herum gesprochen. So war beim 19-jährigen Ismail Ibrahim die Kette vom Kranz abgesprungen, war bei anderen die Beleuchtung nicht mehr intakt oder musste der Sattel ausgetauscht werden.

Es kamen aber viele Flüchtlinge ohne ein Rad vorbei und fuhren stolz und teilweise noch etwas unsicher auf ihren neuen Rädern die ersten Runden vor dem Jugendzentrum. Denn neben dem Flickzeug, den Lichtern, Reifen oder den Sätteln waren dort außerdem von vielen Spendern gebrauchte Räder, etwa 30 an der Zahl, abgegeben worden. Auch diese wurden von der Einsatzkolonne wieder fahrtüchtig gemacht.

Etwa ein Dutzend Helfer, größtenteils Ehrenamtliche vom Jugendzentrum und von der Flüchtlingshilfe, kümmerten sich stundenlang um die Vehikel, darunter unter anderem Mit-Organisator Eckhard Klausmann und seine Nachbarn vom Straßenzug Burgbenden in Oedt, Stefan Vermeulen und Wolfgang Backes. „Ich habe deshalb sogar mein Karatetraining ausfallen lassen“, erzählte Backes. „Das ist überwältigend, was hier los ist“, meinte von der Helfergruppe Jörg Kirschkes. Strahlende Gesichter bei den Flüchtlingen, als dann alles wieder funktionierte, so auch beim 18-jährigen Somalier Abdullah.

Etwa 80 Flüchtlinge kamen wegen des Reparaturangebots ins Dingens. Davon erschienen rund 50 mit ihren Rädern. „Diese überragende Resonanz hat die Notwendigkeit solch einer Werkstatt deutlich gemacht“, sagte Eckhard Klausmann. Obwohl viele aus Oedt dabei waren, soll dies jetzt dort wiederholt werden.

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