Rettung oder Abriss: Schicksalstag für Tönisberger Zeche

Denkmal oder nicht? Kempener Ausschuss stimmt am Montag ab. Letzte Instanz könnte das NRW-Ministerium sein.

Rettung oder Abriss: Schicksalstag für Tönisberger Zeche
Foto: Kurt Lübke

Tönisberg. „Die Schachtanlage Niederberg 4 gehört wegen der historischen Bedeutung des erhaltenen Fördergerüstes und der zeittypischen Architektur der Schachtgebäude zu den denkmalwürdigen Außenschachtanlagen im Rheinland.“ Das Ergebnis eines Gutachtens vom 14. Mai 2002 hört sich gut an für den Förderverein zum Erhalt der Tönisberger Zeche. Stand heute hilft es aber nicht bei der Rettung der 2002 endgültig stillgelegten Anlage.

Denn die Stadt Kempen und die dort ansässige Untere Denkmalbehörde sehen die Sache weiterhin anders: Die Gebäude seien nicht denkmalwürdig, es handle sich um „einfachste Industriebauten mit erheblichen Baumängeln“. Zudem habe der Standort Tönisberg nur eine geringe Bedeutung für die Geschichte des Bergbaus.

Insofern wird der kommende Montag zum Schicksalstag für die Zeche. Dann wird die Verwaltung dem Bau- und Denkmalausschuss empfehlen, von einer „Unterschutzstellung“ abzusehen und sich nicht gegen den vom Eigentümer (Ruhrkohle AG) beschlossenen Abriss zu wehren. „Wir gehen mit stichhaltigen Argumenten in die Sitzung“, sagt der Technische Beigeordnete Stephan Kahl.

„In der Einschätzung zum Denkmalwert muss die tatsächliche, marode Bausubstanz bewertet werden“, heißt es in der Verwaltungsvorlage. „Man darf sich nicht durch die Illuminationen leiten lassen, mit denen die Befürworter des Denkmalwertes den Standort und die Gebäudesubstanz bewusst unrealistisch inszenieren.“ Eine deutliche Kritik in Richtung Förderverein, der unter anderem den Zechenturm zur Weihnachtszeit angestrahlt hatte. „Diese Formulierungen werden wir so nicht stehen lassen“, sagt Peter Kunz vom Förderverein. Er wolle in der Sitzung reagieren.

Ein weiteres Argument der Stadt gegen den Erhalt: Die am Gelände ansässige Firma Naue soll geschützt werden. „Wir haben in den vergangenen Monaten erfolgreich dafür gekämpft, dass Naue dort einen Bestandsschutz bekommt“, so Kahl. Bei einer Umsetzung der Ideen des Fördervereins, der das Zechengelände zu einem Veranstaltungs- und Erholungspark machen möchte, sei die Existenz des Folienherstellers in Gefahr. „Die Geschäftsleitung hat unmissverständlich klargemacht, dass das Unternehmen bei einer solchen Entwicklung den Standort Tönisberg unverzüglich aufgeben wird“, so die Verwaltung.

Wichtigstes Argument bleibt aber die ungeklärte Kostenfrage. Das Nutzungskonzept, das der Förderverein am Montag präsentieren wird, bringt laut Verwaltung „keine neuen, realisierbaren Vorstellungen“. Finanzielle Lösungen fänden sich nicht im Konzept, in dem unter anderem von der Ansiedlung von Gastronomie die Rede ist.

Der Hoffnungsträger für die „Zechen-Retter“ ist Professor Walter Buschmann vom Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Er ist der Verfasser des Gutachtens von 2002 und hält seine Argumentation für schlüssig. Der Konstruktionstyp des Fördergerüstes sei eine „bedeutende Weiterentwicklung“. Ein vergleichbares Gerüst gebe es nicht mehr. Des weiteren sei die Anlage auch „regionalgeschichtlich wichtig“. „Tönisberg markiert die westliche Grenze des Bergbaus im Ruhrgebiet“, sagt Buschmann. In einem Schreiben hat er die Stadt Kempen aufgefordert, die Anlagen in die Denkmalliste einzutragen.

Sollte der Ausschuss am Montag den Denkmalschutz ablehnen — und das gilt mit den Stimmen von CDU und FDP als wahrscheinlich — wird die Diskussion aber noch nicht zu Ende sein. „Wir würden diese Ablehnung prüfen. Wenn wir Zweifel an der Argumentation haben, werden wir die Oberste Denkmalbehörde einschalten“, sagte Buschmann. Die ist beim NRW-Bauministerium ansässig. Falls die Behörde eingeschaltet wird, werden die Experten in Düsseldorf entscheiden, ob die Zeche doch noch ein Denkmal wird. Wie lange so ein Verfahren dauert, ist ungewiss.

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