Gastronomie setzt wieder auf Essen to go Wie reagieren Restaurants in Kempen, Willich, Tönisvorst auf den zweiten Shutdown?

Willich/Kempen/Tönisvorst. · Zum zweiten Mal trifft der Corona-Shutdown die Gastronomie hart. Restaurants und Kneipen sind im November geschlossen. Etliche bieten ihr Essen to go an oder liefern die Gerichte nach Hause.

 Nannette Slowick von Haus Vorst in Vorst bietet die Martinsgans jetzt auch im Außer-Haus-Verkauf an.

Nannette Slowick von Haus Vorst in Vorst bietet die Martinsgans jetzt auch im Außer-Haus-Verkauf an.

Foto: Norbert Prümen

Not macht erfinderisch: Normalerweise stünde die Gans mit Rotkohl, Rosenkohl und hausgemachten Semmelknödeln als Empfehlung auf der großen Tafel mitten im Restaurant von Haus Vorst. Jetzt finden die Gäste sie auf der Internetseite des Vorster Restaurants und zwar als eine „To-go“-Variante. Für den gesamten November gilt: Die Restaurants dürfen nicht öffnen. „Wir haben wie schon im Frühjahr unser Angebot geändert und bieten wieder Varianten zum Mitnehmen an“, sagt Nannette Slowick, die gerade eben die Homepage ihres Restaurants mit der aktuellen Herbst- und Winterkarte bestückt hat. Statt unter den bestehenden Corona-Hygienemaßnahmen ins Restaurant zu gehen, heißt es nun anrufen, bestellen und Uhrzeit vereinbaren, wann man das Essen abholen möchte.

Der Übergabetisch ist wieder aufgebaut und ein dazugehöriges Einbahnstraßensystem installiert. „Es ist traurig. Wir hatten ein funktionierendes Hygienekonzept, das von unseren Gästen ausdrücklich gelobt wurde, und nun leben wir wieder voller Ungewissheit. Auch unsere Gäste verstehen das nicht“, sagt Slowick. Sie fragt sich, ob die Politik eigentlich weiß, wie viel an der Gastronomie hängt und wie viele Mitarbeiter und deren Familien in der gleichen Ungewissheit leben. Sie selber lässt neben dem Montag, der immer schon Ruhetag war, auch dienstags und mittwochs das Restaurant geschlossen. Die Erfahrungswerte vom ersten Lockdown zeigten, dass sich der Aufwand an diesen Tagen nicht lohnt. Ansonsten geht es ab 17.30 Uhr mit der Küche los. Sonntags wird auch ein Mittagstisch zum Mitnehmen angeboten.

Fischlokal bliebt den kompletten Winter über geschlossen

„Die Gäste können aber selbstverständlich jederzeit anrufen und die Abholung entsprechend unseren Öffnungszeiten vereinbaren“, so Slowick. Sogar der passende Wein oder auch die Softgetränke, die es in Flaschen gibt, können dazu geordert werden. Und wer eine komplette Martinsgans bestellen möchte, der sollte daran denken, dass diese zwei Tage Vorlaufzeit hat.

Auf Essen „to go“ greift das WillicherFischrestaurant Lepsy’s indes nicht zurück. „Wir bieten ein ganz spezielles empfindliches Produkt an. Mit Fisch ist es sehr schwierig. Steinbutt oder auch Seezunge – frisch zubereitet – einzupacken und dann noch über einen gewissen Zeitraum zu transportieren, schadet der Qualität. Das ist mit der frisch aus unserer Küche kommenden Produktion nicht zu vergleichen. Wir würden uns unseren guten Namen ruinieren. Daher haben wir uns entschlossen, keinen Abholservice zu bieten“, sagt Hans Peter Lepsy. Keine einfache Entscheidung, aber das Fischrestaurant bleibt den gesamten November über komplett geschlossen. Besonders ärgerlich ist dies vor dem Hintergrund, dass die Betreiber eine neue Luftreinigungsfilteranlage mit einem HEPA H-14-Filter haben einbauen lassen.

Eine solche Anlage reinigt die Luft nach Herstellerangaben bis zu annähernd hundert Prozent von allen Viren und Bakterien. „Die Anlage war drei Tage vor dem neuen Lockdown fertig eingebaut“, berichtet Lepsy. Eine Investition von 5200 Euro, die zuzüglich zum ausgeklügelten Hygienekonzept des Fischrestaurants greifen sollte. Insgesamt investierten die Lepsys bislang mehr als 20 000 Euro aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen, damit Gäste sicher das Restaurant besuchen können. Der neue Lockdown trifft sie hart. Es sehe düster aus, meint Lepsy. Dass er im Dezember wieder öffnen kann, glaubt er nicht.

Küchen zusammengelegt und gemeinsame Onlinekarte

Diese Befürchtung hat auch Klaus Detges. Der Mitarbeiter der drei gastronomischen Betriebe Wirtshaus Kempen, Treppchen und Venga in der Kempener Altstadt sieht ebenfalls noch kein Ende der Schutzmaßnahmen. Das Treppchen als Kneipe und Bar kann derzeit keine Alternativen für die Gäste anbieten. Anders sieht es bei den beiden anderen Lokalen aus. Fürs Wirtshaus Kempen und Venga hat man die Küchen zusammengelegt und bietet eine gemeinsame Online-Speisekarte an. „Der Vorteil für die Kunden ist derzeit, sie können crossover bestellen. Sie finden aus beiden Restaurants Spezialitäten auf der Karte und können so zum Beispiel den Venga-Burger und das Wiesenhendl zusammen bestellen“, sagt Detges. Die Kunden können zwischen Lieferservice oder selber abholen wählen. Wobei Letzteres über das Venga erfolgt. Bezahlt werden kann vorab per PayPal und bar bei Lieferung. Selbstabholer können die Rechnung auch mit der EC-Karte begleichen.

„Ich kann nicht verstehen, dass man die Restaurants, die allesamt gute Hygienekonzepte hatten, wieder zumachen musste. Vor zwei Wochen sprach noch eine Virologin mit dem Gesundheitsminister und betonte, es gebe aufgrund der Hygienekonzepte keinen vernünftigen Grund, nicht in ein Restaurant zu gehen. Dann kam der Lockdown für uns. Wie soll man das verstehen?“, fragt sich Detges.

Das Essen „to go“ bezeichnet er als eine Notlösung. Wobei er den Gästen dankbar ist, dass sie auf diesem Weg die Restaurants unterstützen.

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