Streit mit der Stadt Kempen Anwohner darf Regentonne nach 40 Jahren nicht mehr nutzen

Kempen-Tönisberg · Sieghardt Knipp aus Tönisberg nutzt Regenwasser zur Bewässerung - seit Jahrzehnten. Nun musste er erfahren, dass das verboten ist.

 Sieghardt Knipp in seinem Garten: In der grünen Regentonne sammelt er Wasser zur Bewässerung der Hecke.

Sieghardt Knipp in seinem Garten: In der grünen Regentonne sammelt er Wasser zur Bewässerung der Hecke.

Foto: Wolfgang Kaiser (woka)

Wenn Sieghardt Knipp auf seine Regenwassertonne im Garten schaut, dann kann der Tönisberger nur verständnislos den Kopf schütteln. Wie viele Gartenbesitzer nutzt er das aufgefangene Regenwasser für die Bewässerung des eigenen Gartens. Seit fast 40 Jahren läuft das Wasser vom Dach seines Hauses an der Gartenseite in eine Wassertonne, an die wiederum ein Bewässerungsschlauch angeschlossen ist.

Dieser liegt entlang einer Hecke und bewässert die Pflanzen somit automatisch. Und das alles ohne Probleme. Sogar als im vergangenen Jahr Tönisberg nach sintflutartigen Regenfällen Land unter meldete und die Kanalisation die Wassermassen gar nicht mehr aufnehmen konnte, gab es im Garten der Familie Knipp keinerlei Probleme.

Umso größer war das Erstaunen von Sieghardt Knipp, als er kürzlich erfahren musste, dass diese Bewässerung nicht erlaubt ist. „Wir haben eine Terrassenüberdachung geplant und ordnungsgemäß eine Baugenehmigung beantragt. Im Zuge dessen mussten wir erfahren, dass unsere Regenwassernutzung in dieser Form eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Wir müssen an den Kanal anschließen“, berichtet der Tönisberger. Er stellte bei der Stadt den Antrag auf Befreiung vom Kanalbenutzungszwang, wobei es ihm nicht darum geht, weniger Gebühren für den Kanal zu bezahlen. Ihm ist lediglich wichtig, Regenwasser weiterhin für die Bewässerung im eigenen Garten nutzen zu können. „Vor dem Hintergrund, dass auch Wasser immer rarer wird ist es doch völlig unökologisch, wertvolles Trinkwasser für die Gartenbewässerung zu nutzen. Dafür sollte Regenwasser genommen werden“, sagt der Senior.

Bei der Stadt Kempen sieht man dies anscheinend nicht so. Einfach Regenwasser zu benutzen, ist nicht möglich. Da gibt es Auflagen und Vorgaben.

Sieghardt Knipp bekam folgendes Schreiben: „Bei Auslegung Ihres Antrages auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Sammelkanalisation kommt eine teilweise Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht gemäß Paragraph 49 Absatz vier LWG in Betracht. Das anfallende Niederschlagswasser können Sie seit der Änderung der Abwasserbeseitigungssatzung vom 13. Dezember 2016 zur Gartenbewässerung nach Anzeige bei der Stadt nutzen, sofern ein Überlauf an den Regenwasserkanal vorhanden ist (Paragraph elf Satz eins). In diesem Fall kann ich Sie teilweise von der Abwasserüberlassungspflicht freistellen, wenn Sie mir gegenüber die gemeinwohlverträgliche Versickerung nachweisen (Wasserrechtliche Erlaubnis, hydrogeologisches Gutachten).“

In den Augen von Sieghardt Knipp ein Schildbürgerstreich. Er soll nun an die Regentonne, in der er kein Wasser lagert, da es durch den angeschlossenen Schlauch direkt entlang seiner Bäume abfließt, einen Überlauf anbringen und überschüssiges Wasser in den entsprechenden Kanal einleiten. Knipp kann darüber nur verständnislos den Kopf schütteln. Die Stadt Kempen beruft sich indes auf das Landeswassergesetz, das vorschreibt, Wasser in kanalisierten Gebieten eben in diese Kanäle einzuleiten.

Wenn nun Niederschlagswasser von Bürgern gesammelt wird, könnte es zu Überschwemmungen von Gärten kommen und das Gemeinwohl könnte gefährdet werden. „Es bedarf der wasserrechtlichen Erlaubnis durch den Kreis Viersen. Der entscheidet, ob eine entsprechende Versickerung gegeben und eine Nutzung von Regenwasser möglich ist“, sagt Torsten Schröder, Leiter des zuständigen Kempener Tiefbauamtes.

Ist diese wasserrechtliche Erlaubnis gegeben, darf eine Regentonne eingesetzt werden, sofern sie den besagten Überlauf an das Kanalnetz aufweisen kann. Ohne diesen darf das Regenwasser nicht im Garten genutzt werden.

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