100 Kempener Jahre Die Helden einer Kempener Kindheit in den 80ern

Kempen · Kathrin Eichler wurde 1982 geboren. In der WZ-Serie „100 Kempener Jahre“ erzählt sie von den Helden ihrer Kindheit: einem Heiligen, einem Prinzen und einem TV-Star.

Aus dem Altbau des Hospitals an der Mülhauser Straße ging es 1982 für Kathrin Eichler in die Welt. Schwester Letardis begleitete Mutter und Kind aus dem Krankenhaus.

Aus dem Altbau des Hospitals an der Mülhauser Straße ging es 1982 für Kathrin Eichler in die Welt. Schwester Letardis begleitete Mutter und Kind aus dem Krankenhaus.

Foto: Kathrin Eichler

Wie so vielen Kempenern hatte Dr. Werner Mertens Kathrin Eichler 1982 auf die Welt geholfen. Schwester Letardis vom Hospital zum Heiligen Geist begleitete die wenige Tage alte Kempenerin und ihre Mama Marlies Brungs nach draußen. Die Ordensfrau war eine der Klemensschwestern, die seit 1845 die Kranken- und Altenpflege im Hospital innehatten. Das kleine Konvent lebte und arbeitete in Kempen. Dessen Schwesternwohnheim, in dem zuletzt Büros waren und das seit 2012  leer stand, wurde im vergangenen Jahr abgerissen.

Als Kathrin Eichler in den 80er Jahren groß wurde, hatte Kempen schon weitgehend das heutige Aussehen. Einiges war aber doch anders. An der Engerstraße kaufte man bei Lamp ein. Wo man heute bei La Piazza am Buttermarkt speist,  war die Samenhandlung Sieben, die auch kleine Tiere wie Vögel im Angebot hatte. Wo heute der Klosterhof steht, befand sich das alte Kreishaus. Anderes ist geblieben. Bei Schreibwaren Beckers kaufte Kathrin Eichler die beliebten Sticker fürs Stickeralbum, bei Spielwaren Jansen bewunderte sie die Eisenbahn im Schaufenster.

In ihrer Zeit im Kindergarten Annenhof war sie gerne auf einem der vielen Spielplätze unterwegs. Beliebt war besonders die Röhrenrutsche im Blumenviertel. Wiesen und Felder gab es noch im Gebiet rund um den heutigen Penny-Markt an der Vorster Straße und an der Grundschule Wiesenstraße, wo heute das Haus Wiesengrund steht.

Als Friedhelm Funken
als St. Martin ritt

St. Martin ist für Kathrin Eichler seit ihrer Kindheit ein besonderes Fest. Ihre erste Fackel hat sie heute noch und stellt sie in jedem Jahr auf. „Ich wollte immer die Geschichte von St. Martin hören“, erzählt sie. So erinnert sie sich an ein besonderes Erlebnis nach dem Kinderzug, der damals direkt vor dem Schulkinderzug zog. Da stand der Heilige auf dem Kirchplatz und begrüßte sie mit: „Hallo Kathrin.“ St. Martin kannte ihren Namen – unglaublich. Aber eigentlich auch nicht. Denn Martinsdarsteller Friedhelm Funken war ein Freund ihres Opas.

„Als wir später mit dem Thomaeum an St. Martin für Projekte gesammelt haben, war das auch total schön. Wir hatten immer den gleichen Bezirk in der Innenstadt, da traf man immer die gleichen Leute.  Viele hatten Freunde eingeladen und feierten. Es wurde Musik gemacht und gemeinsam gesungen.“

Karneval liegt bei
Kathrin Eichler in der Familie

„Mein Opa stammte aus Köln. Da wurde Karneval in der Familie immer gefeiert“, sagt Kathrin Eichler, die heute als Mitglied der KG Echte Fründe den Kempener Karneval durch den Mitsing-Abend „Sing doch ene mit“ bereichert. „Aus mir konnte gar nichts anderes werden als Karnevalistin.“ Ihre Eltern waren das erste Tanzpaar der Prinzengarde. Schon als Kind hörte Eichler gerne die alten Kölner Karnevalslieder und durfte auch mit den Eltern zum Feiern in die Kneipe „Zur alten Wache“ von Rolli Wilmen. Dort freuten sich die Kinder über die Gesellschaft von Hund Assi. „Total schade, dass es diese Kneipe irgendwann nicht mehr gibt“, sagt Kathrin Eichler. Das Gebäude an der Kerkener Straße soll bald abgerissen werden und einem Neubau weichen.

Der Prinz  ihrer Kindheit war Heinz I. Börsch, der mit Prinzessin Bianca-Maria I.  von 1989  bis 1991 regierte. Kathrin Eichler erinnert sich gut an seinen Besuch in ihrem Kindergarten Annenhof.

Nach dem Kindergarten ging sie zur Grundschule Wiesenstraße, dann zum Thomaeum. Sport und Kunst waren ihre Lieblingsfächer. Fürs Basteln, nicht nur zu St. Martin, hatte sie immer ein Faible. „Mit meinem Opa habe ich auch immer viel gemalt.“ Ihre Großeltern, Elisabeth und Josef Brungs, waren für Kathrin Eichler sehr wichtig. Freitags traf sich die Familie dort, Cousine Tina und Cousin Frank waren immer dabei. Oma backte Kuchen und Freunde schauten vorbei, auch Karl-Heinz Hermans, der damals die Bäckerei an der Ellenstraße führte. Dann wurden die Neuigkeiten aus der Stadt ausgetauscht. Die Kinder durften währenddessen auch mal fernsehen. „Der unglaubliche Hulk“ lief immer freitags im TV.

„Im Fernsehen gab es nur wenige Programme“, erinnert sich Eichler an ihre frühe Kindheit. Nils Holgersson schaute sie darum auf Holländisch. Serien wie „Traumschiff“ oder „Schwarzwaldklinik“ begeisterten Millionen. Samstags war „Wetten, dass...“ gesetzt. Später war die RTL-Soap „Gute Zeichen, schlechte Zeiten“ angesagt.

Verschiedene Hobbys hat Kathrin Eichler ausprobiert: Töpfern im Campus, Tennis spielen. Aber Handball wurde ihre große Leidenschaft, die Sporthalle zur zweiten Heimat und Freundschaften entstanden, die zum Teil bis heute bestehen. Jeden Sonntag nach dem Spiel ging es ins Haus Berg. Feiern konnten und können Handballer gut.

Morgengymnastik bei
Rudi Falkner in Bensersiel

Die erste Klassenfahrt in der Grundschule führte nach Brüggen, im Thomaeum ging es an die Mosel, zum Segeln aufs Ijsselmeer und zur Abschlussfahrt nach Berlin. In guter Erinnerung ist ihr die Ferienfahrt nach Bensersiel mit der Vereinigten Turnerschaft (VT) geblieben. Wo sie wie viele andere Kempener in den Genuss der Morgengymnastik mit der 2009 verstorbenen VT-Legende Rudi Falkner kam. Das Ehepaar Maria und Walter Schenk hatte das Ferienlager 1953 gegründet und Generationen von Kempener Kindern dort den Ferienspaß ermöglicht. Kathrin Eichler erinnert sich an viele Spiele und Spaß am Strand. Und: „Um zu Hause anzurufen, brauchte man eine Telefonkarte für die Telefonzelle.“ Die vierstelligen Telefonnummern von Familie und Freunden hatte man natürlich im Kopf – und das teilweise bis heute.

Kathrin Eichler spielte gern  draußen, kletterte auf die Stadtmauer oder in Bäume im Grüngürtel, spielte bei Freunden auf dem Bauernhof. Mit Rollschuhen und auf dem Skateboard war sie unterwegs. Musik und Hörspiele kamen vom Plattenspieler, später vom Kassettenrekorder. Benjamin Blümchen begann noch „auf ner großen grünen Wiese“ – mitsingen können das heute sicher noch viele Kinder der 80er.

Walkman und Discman begleiteten Kathrin Eichler später. Auf dem Gameboy spielte sie „Super Mario Land“ oder „Tetris“. Und ihr ganzer Stolz war ein ferngesteuerter Kitt, das Auto aus der TV-Serie „Knight Rider“. Hauptdarsteller David Hasselhoff war ein Held ihrer Kindheit. „Den Mauerfall verbinde ich eigentlich nur mit ihm“, sagt sie und lacht. Hasselhoff hatte damals einen Auftritt an der Berliner Mauer. Die politische Dimension war den Kindern von damals nicht bewusst. Hasselhoffs Konzert im Grefrather Eisstadion 1989 konnte sie sich natürlich nicht entgehen lassen. Da hatte der Star auch Kitt mitgebracht.

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