Kempen Schumann-Konzert liefert Überraschungen

Kempen. · Das Werk Clara Schumanns wurde in der Paterskirche einfallsreich interpretiert.

 Die Stücke erklangen nicht nur auf dem Blüthner-Flügel, sondern auch auf der Orgel.

Die Stücke erklangen nicht nur auf dem Blüthner-Flügel, sondern auch auf der Orgel.

Foto: Norbert Prümen

Mit einer Überraschung begann die gut besuchte Nachtmusik – Ute Gremmel-Geuchen spielte auf der Orgel in der Paterskirche Präludium und Fuge in B-Dur op. 16 Nr. 2 von Clara Schumann, die nicht als Komponistin von Orgelwerken bekannt ist. Des Rätsels Lösung: Der Wuppertaler Musikwissenschaftler, Pianist und Organist Joachim Dorfmüller hat das Klavierwerk gleichen Namens aus der Feder der Jubilarin auf die Orgel übertragen. Mit den „Studien für den Pedalflügel op. 56“, einem Mitte des 19. Jahrhunderts in Mode gekommenen Instrument, mit dessen Möglichkeiten nicht nur Robert Schumann gerne experimentierte, machte Gremmel-Geuchen in drei sorgsam interpretierten Sätzen bekannt. Außerdem präsentierte sie zwei von Clara Schumann auf Texte von Heinrich Heine komponierte Lieder in einer von ihr selbst konzipierten, interessanten Fassung für Orgel.

Pianist Tobias Koch hatte das Glück, für seine Vorträge einen aus Leipzig stammenden Blüthner-Flügel, etwa 1850 gebaut, zur Verfügung zu haben. So, wie die Werke unter Clara Schumanns Händen geklungen haben könnten, präsentierte der aus Kempen stammende Interpret romantischer Aufführungspraxis eines der „Sieben Klavierstücke in Fughettenform op. 126“ von Robert Schumann, drei Beispiele aus dessen „Album für die Jugend“ und zwei von Clara aufs Klavier übertragene Lieder ihres Mannes. Hier war besonders eindrucksvoll – „Er,der Herrlichste von allen“ aus dem Zyklus „Frauenliebe und Leben“.

Ihr Vater drängte die Musikerin früh in die Wunderkind-Rolle

Zwischen den instrumentalen Vorträgen ließ die Musikwissenschaftlerin Ute Büchter-Römer das aufmerksame Auditorium in ausgewählten Textbeiträgen, überwiegend aus Briefen bestehend, an Claras Leben teilhaben. Von ihrem ehrgeizigen Vater, Friedrich Wieck, schon früh in eine Wunderkind-Karriere gedrängt, war bereits ihre Jugend überschattet. Ihr Schwärmen für den jungen Robert Schumann war dem Vater ein Dorn im Auge – ihre Ehe mussten die Liebenden vor Gericht erstreiten. Doch das Glück war bald überschattet, die zahlreichen Schwangerschaften zehrten an den Kräften der allseits begehrten Pianistin, üben durfte sie nur, wenn sie ihren übersensiblen und zu Depressionen neigenden Mann nicht beim Komponieren störte, und ihre eigenen Kompositionen wurden nie so recht gewürdigt. Trotz aller Fürsorge, die sie ihrem Mann angedeihen ließ, verstärkte sich seine geistige Umnachtung immer mehr – schließlich musste er, nachdem er versucht hatte, sich in Düsseldorf im Rhein zu ertränken, in eine Heilanstalt in Bonn-Endenich eingeliefert werden.

Claras einzige Stütze in diesen schweren Zeiten war der junge Johannes Brahms, der als 20-Jähriger die Schumanns in Düsseldorf besuchte und von Robert intensiv gefördert wurde. Eindrucksvolle Briefe zeugen von einer innigen Beziehung.

So standen am Ende der Nachtmusik in der Paterskirche zwei Orgel-Choralvorspiele von Johannes Brahms: sein Wiegenlied „Guten Abend, gut‘ Nacht“ – abwechselnd von Orgel und Klavier gestaltet, sowie als Zugabe – nach reichem Beifall der Zuhörer – ein „Abendlied“, bei dem sich Ute Gremmel-Geuchen und Tobias Koch den Klavierpart teilten.

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