Wolfram Goertz hält Vortrag in Kempen Viel Applaus für das „Hochdruckgebiet Bach“

Kempen · In der gut besetzten Kempener Paterskirche hielt Musikredakteur Wolfram Goertz am Sonntag einen kurzweiligen Vortrag.

 Wolfram Goertz sprach in der Paterskirche über Johann Sebastian Bach. „Wenn Bach da ist, ist alles gut“, sagt der Musikwissenschaftler.

Wolfram Goertz sprach in der Paterskirche über Johann Sebastian Bach. „Wenn Bach da ist, ist alles gut“, sagt der Musikwissenschaftler.

Foto: Norbert Prümen

(biro) Zwischen das Sturmtief „Antonia“ und das „Dauertief Corona“ wolle er ein Hochdruckgebiet stellen: das Hochdruckgebiet „Bach“. So leitete Musikjournalist Wolfram Goertz am Sonntagmorgen seinen Vortrag in der Kempener Paterskirche ein – und nahm damit sofort das Publikum für sich ein, das zahlreich erschienen war und mit jeweils einem Platz Abstand die Stühle in der Kirche corona-gemäß besetzte.

Mehr als 120 Zuhörer, so stellte Dörte Schäfer, Vorsitzende des Vereins Kempen Klassik, sichtlich erfreut fest, waren der Einladung der Vereine Kempen Klassik und Kempener Orgelkonzerte gefolgt, um mehr über den großen Komponisten Johann Sebastian Bach (1685-1750) zu erfahren. Seinem Vortrag hatte Goertz den Titel „Mein Bach“ gegeben und angekündigt, 22 Blicke auf den Thomaskantor werfen zu wollen. Die einzelnen Abschnitte sagte er an, sodass die Zuhörer die Gliederung des Vortrags verfolgen konnten. Den Abschnitten gab er vielversprechende Überschriften, etwa „Kompressen in G-Dur“ – ein Abschnitt, in dem er betonte, dass auf Bach immer Verlass sei, der Komponist im Unterschied zu anderen nie unter seinem Niveau bleibe.

Bach erkenne man sofort, eine 08/15-Routine gebe es bei ihm nicht. Deutlich machte Goertz dies anhand der G-Dur-Fantasie BWV 572 für Orgel, da sei „ein Innendruck, als ob Bach der Musik Kompressen angelegt“ habe, so Goertz: „Bach wringt seine Musik aus wie einen Putzlappen.“ Ute Gremmel-Geuchen, Organistin in der Paterskirche, illustrierte Goertz‘ Vortrag anschaulich an der Orgel, etwa im Pedalexercitium g-Moll BWV 598, das Goertz ausgewählt hatte, um aufzuzeigen, dass Bach den ganzen Körper beanspruche, nicht nur die Hände, sondern auch Füße und Beine – Bach sei auch Physiotherapeut, so Goertz, „er erfordert den kompletten Virtuosen.“

Die Orgel in der Paterskirche lobte der Musikwissenschaftler nachdrücklich: „Diese Orgel ist ein Gottesgeschenk. So etwas hat man nicht, wenn man es sich nicht verdient hat.“ So sei seine Freude vollständig: mit der Orgel, der Organistin, dem Publikum – und Bach.

In seinem Vortrag machte er deutlich, wie kunstvoll Bach arbeitete, wie geometrisch seine Musik ist, in der jede einzelne Stimme wichtig und für sich genommen ein Kunstwerk ist. Zur Illustration zeigte Goertz selbst am Flügel auf, wie die einzelnen Stimmen im E-Dur-Choral „Durch dein Gefängnis, Gottes Sohn“ der Johannespassion von Freiheit und Knechtschaft erzählen. Auf Handzetteln konnten die Zuhörer dies auch anhand der Noten verfolgen. Gleichzeitig erzählte Goertz von der Liebe zu Bachs Musik („Bach umgibt uns wie ein Mantel, wenn Bach da ist, ist alles gut“), von Klängen, die die Seele wärmen („Vladimir Putin sollte häufiger Bach hören“), von Musikern, die Bach inspirierte und einem Komponisten, der eigene Stücke zu neuen Werken ummodelte („Bach klaute ständig bei sich selbst“), von der Beziehung des Komponisten zum lieben Gott und der Ernennung zum Thomaskantor in Leipzig. Für einen kurzweiligen musikalischen Vormittag dankten die Zuhörer Gremmel-Geuchen und Goertz mit anhaltendem Applaus.

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