Musical „Cabaret“ mit dem Grefrather Jugendtheater

Rund 900 Zuschauer erschienen zu den drei Abendvorstellungen und tauchten mit den 20 Darstellern ein in Glanz und Glitzer des Berliner Nachtlebens.

Grefrath/Oedt. Berlin zu Beginn der 1930er Jahre, in der letzten Phase der Weimarer Republik: Geldnot, Unzufriedenheit und Perspektivlosigkeit bestimmen den Alltag der Bürger. Mit dekadentem Lebensgefühl versuchen viele, die Tristesse zu verdrängen. In diese Welt reist der amerikanische Schriftsteller Clifford Bradshaw, um einen Roman zu schreiben. Bei seiner Ankunft begegnet er einer Kontrolleurin, die freundlich nach seinem Ausweis fragt. Bei seiner Ausreise einige Jahre später trifft er sie wieder. Diesmal begegnet sie ihm skeptisch: „Warum reisen Sie aus? Hat Ihnen unser Land etwa nicht gefallen?“ Ihre Uniform ziert nun ein Hakenkreuz.

Mit den Umständen in der Zeit des aufkommenden Nationalsozialismus hat sich das Grefrather Jugendtheater in den vergangenen Monaten auseinandergesetzt und am Wochenende das Broadway-Musical „Cabaret“ in der Albert-Mooren-Halle präsentiert. Rund 900 Zuschauer erschienen zu den drei Abendvorstellungen und tauchten mit den 20 Darstellern ein in Glanz und Glitzer des Berliner Nachtlebens.

Hier begrüßt im „Kit-Kat-Cabaret“ stets der eigenartige Conferencier, überzeugend interpretiert von Ludwig Brix, die Besucher. Auch Bradshaw (Simon Esser) ist zu Gast und lernt die englische Sängerin Sally Bowles (Lea Bisek) kennen; wenig später werden die Beiden ein Paar und leben gemeinsam in einem Pensionszimmer. Doch in einem schleichenden Prozess drängen sich währenddessen die Nationalsozialisten ins Bild.

„Die Entwicklung in der Politik? Aber was hat das mit uns zu tun?“, fragt Sally ihren Freund. Bis auch sie es zu spüren bekommt: Die Verlobungsfeier ihrer Mitbewohner Fräulein Schneider (Kathrin Ellerwald) mit Herrn Schultz (Samira Zaghdoudi) wird vom Nazi Ernst Ludwig (Julian Göbel) gestört — denn Herr Schultz ist Jude. Aus Angst, ihren Job zu verlieren, sagt Fräulein Schneider ab. Eine Entwicklung, die Bradshaw zu denken gibt. Er verlässt Berlin schließlich alleine.

Auch die Nächte im „Kit-Kat-Club“ — jenem Ort, der mit seinem Slogan „Lasst eure Sorgen zu Hause, hier ist das Leben wunderschön“ die Bürger lockt — haben sich verändert. Die obszönen „Cabaret-Girls“ verlassen nun im Gleichschritt den Saal. Immer mehr Besucher sind in braun gekleidet. So ergibt sich auf der Bühne mitunter das ungewohnte Bild eines fröhlichen Tanzes, der am rechten Rand von einer Dame aus der „Hitler-Jugend“ beobachtet wird.

Die Aufführung hatte bereits im Vorfeld für Diskussionen gesorgt, da diese Variante, mit dem Thema „Nationalsozialismus“ umzugehen, bei einigen Bürgern auf Unbehagen stieß. Doch am Ende gab es viel Applaus für die Inszenierung. „Die Aussage, dass sich die Geschichte niemals wiederholen darf, kam im Saal in jedem Fall rüber“, sagte eine Zuschauerin.

Für Regisseurin Magdalena Bartkowiak und ihre Darsteller war die Probenzeit noch intensiver gewesen als bei den vergangenen Aufführungen. „Es war viel anspruchsvoller. Man brauchte länger, um sich in in die Rollen hinein zu versetzen“, so Hauptdarsteller Brix. „Aber ,Cabaret’ war eine Aufgabe, an der wir alle gewachsen sind.“

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