Mülhausen: Der Abschied von Swasiland fällt schwer

Schlaflose Nächte und viele Examen: So endet für Katharina Pauli aus Mülhausen die Collegezeit im südafrikanischen Swasiland. Nun ist sie zurück in Deutschland.

Mülhausen/Swasiland. Wie sagt man "Lebewohl" in dem Wissen, dass man sich nie wieder sieht? Einer der wahrscheinlich schwersten Momente meines Lebens stand mir bevor, als ich vor gut drei Wochen von meinen Freunden und Weggefährten in Swasiland Abschied nehmen musste.

Diese Freunde waren innerhalb von 24 Monaten zu einer Art Ersatzfamilie geworden, auf die ich mich voll und ganz verlassen konnte. Diese Familie, die mich auf einem steinigen und anstrengenden Weg begleitet hat, habe ich nun verlassen.

Zwei Jahre lang schrieb ich unendlich viele Texte, ging zu unzähligen US-College-Präsentationen und fuhr geschätzte tausendmal den Berg, auf dem sich meine Schule befindet, hinunter und wieder hinauf. Jede Woche freute ich mich wieder auf den Community Service in einem Waisenhaus, wo ich "meine" Kinder wieder sehen konnte.

Zuletzt glich mein Leben eher einem Hundert-Meter-Sprint: Ich schrieb innerhalb von wenigen Wochen die Examen in jedem meiner sechs Fächer. Dazu kamen mündliche Prüfungen.

Gegen Ende dieser Examenszeit stand mir und meinen Mitschülern der Stress ins Gesicht geschrieben: Der fehlende Schlaf aufgrund nächtlicher Lernstunden hinterließ in Form von tiefen Augenringen seine Spuren.

Doch als ich endlich fertig war, konnte ich mich nicht richtig freuen: Denn es waren zugleich die letzten Stunden meiner Zeit in Waterford angebrochen. Ich traf Eltern aus aller Welt, die teure Flugkosten auf sich genommen hatten, um voller Stolz ihr Kind graduieren zu sehen.

Ich verbrachte die letzten Stunden mit Menschen, die nun zurück nach Venezuela, Bangladesch oder Tansania gehen und die ich so bald nicht wieder sehen werde. Die Graduation Ceremony, vergleichbar mit dem Abi-Ball in Deutschland, übertraf alle Erwartungen. Langsam entwickelte sich ein Gefühl von Erleichterung, dass wir die zwei Jahre unbeschadet überstanden hatten. Eine finnische Mitschülerin war bei Reisen durch Afrika so krank geworden, dass sie die Examen nicht mitschreiben konnte.

Nach meinem Abschied von Waterford Kamhlaba reiste ich mit meiner Familie durch Südafrika. Dabei fiel uns auf, dass dieser südliche Teil Afrikas immer beliebter wird bei deutschen Urlaubern. Einige Südafrikaner lernen Deutsch, um sich mit den Touristen verständigen und Geschäfte machen zu können. So trafen wir eine Dame, die in einem alten Herrenhaus in niederländischem Stil den Besuchern lebensnah die Kolonialzeit nahe brachte.

Deutsche Freunde hatten uns vor Südafrikas Kriminalität gewarnt: Verlasst euer Hotel nicht mehr nach 15 Uhr, schaut regelmäßig in den Rückspiegel, ob euch jemand verfolgt und aktiviert beim Autofahren stets die Zentralverriegelung.

Ob wir nun Glück hatten oder das richtige Gespür - uns passierte jedenfalls nichts. Doch die Gründe für die immense Kriminalitätsrate wurden uns täglich vor Augen geführt: bittere Armut und große Klassenunterschiede nähren die Unzufriedenheit vieler Bevölkerungsgruppen.

Die Fahrt zum Flughafen in Kapstadt dient jedem Touristen als letzte Mahnung, denn sie führt unvermeidbar an den riesigen Townships vorbei, in denen eine Wellblechhütte dicht neben der nächsten steht.

Zurück in Deutschland beschäftigen mich wieder ganz andere Dinge: Anfang Januar bekomme ich die Ergebnisse der Examen. Dann weiß ich, ob sich die Kaffee-Infusionen um 2 Uhr nachts gelohnt haben.

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