Grefrath Millionenloch schockt Politik und Bürgermeister

Die Steuerrückzahlung an Johnson Controls trifft Manfred Lommetz „aus heiterem Himmel“.

Grefrath. Die Rückzahlung von 3,1 Millionen Euro an Gewerbesteuer plus 1,5 Millionen Euro Zinsen hat die Gemeinde aus „heiterem Himmel“ getroffen. Das zumindest sagte Bürgermeister Manfred Lommetz am Dienstag auf Anfrage der WZ.

„Damit konnte hier keiner rechnen“, so Lommetz, der in diesem Zusammenhang auch Kämmerer Wolfgang Rive in Schutz nahm. Lommetz bemüht sich nach eigenen Angaben seit vergangener Woche in dieser „fatalen Entwicklung“ um Schadensbegrenzung. Dazu stehe der Bürgermeister in Kontakt mit Steuerexperten und dem Finanzamt in Leverkusen.

Dort ist der Autozulieferer Johnson Controls mit Deutschland-Sitz in Burscheid steuerlich gemeldet. Das amerikanische Unternehmen hatte gegen diverse Gewerbesteuerbescheide Einspruch erhoben. Dabei geht es um die Zeiträume von 2002 bis 2012. Der Einspruch gipfelte jetzt in einer Entscheidung des Europäischen Finanzgerichtshofes: Mehrere Unternehmen bekommen Gewerbesteuer zurück. Zu diesen gehört auch Johnson Controls, das seine Produktionsstätte in Grefrath in Kürze aufgeben wird (die WZ berichtete).

Die Chancen, die Rückzahlung noch verhindern zu können, bezeichnete Rechtsanwalt Lommetz als gering. Vor allem gegen die Zahlung der Zinsen werde er trotzdem „mit Vehemenz“ vorgehen. „Dass die Summe mit sechs Prozent verzinst wird, ist schon ein starkes Stück“, so Lommetz in Richtung Gesetzgeber.

Wie am Dienstag berichtet, gilt nun eine Haushaltssperre. Lommetz will in den anstehenden Etatberatungen mit den Fraktionen besprechen, wie mit dem neuen Millionenloch umgegangen wird. Von den 4,6 Millionen Euro, die nun an Johnson Controls gehen, muss die Gemeinde rund zwei Millionen Euro selbst stemmen. Die restliche Summe bekomme man über Schlüsselzuweisungen zurück. So hatte es Kämmerer Rive am Montag gegenüber der WZ erklärt.

„Gut, dass vorerst keine Wahlen anstehen. Dann will auch keiner Geschenke verteilen“, sagte SPD-Fraktionschef Hans-Joachim Monhof. Viel Einsparpotenzial habe Grefrath ohnehin nicht mehr. „Wie schon von uns gefordert, müssen wir uns aber über die Strukturen des Bauhofes Gedanken machen“, so Monhof. Durch Kooperationen mit den Gemeindewerken oder Betrieben in anderen Kommunen könnte Geld gespart werden. Auf der Einnahmeseite müsse die Gemeinde zum Beispiel weitere Gewerbeflächen erschließen.

FDP-Fraktionsmitglied Werner Mülders warf am Dienstag die Frage auf, warum von der Verwaltung keine Rücklagen gebilden worden sind: „Dass die Rückforderung anstehen könnte, hätte berücksichtigt werden müssen.“ Viele Möglichkeiten zu weiteren Einsparungen sieht er nicht.

Die CDU-Fraktionsvorsitzende Wilma Hübecker war am Dienstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Dafür meldete sich Ratsherr Manfred Wolfers junior mit einer Stellungnahme: „Der mittelfristige Einsatz eines Sparkommissars der Landesregierung ist damit so realistisch wie nie zuvor. Mögliche Steuer-Erhöhungen und gegebenenfalls Schließungen von gemeindlichen Einrichtungen werden sicherlich die Schwerpunkte der Diskussion in den kommenden Monaten.“ Von der Fraktion der Grünen war kein Vertreter für eine Reaktion zu erreichen.

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