Kempen Malte junges Mädchen die Soldaten-Bilder?

Zwei Kempenerinnen besitzen Kachel-Bilder von Annemarie Juris, die sie in den späten 1940er Jahren für sie gezeichnet hat.

Kempen: Malte junges Mädchen die Soldaten-Bilder?
Foto: Lübke

Kempen. Kann es sein, dass Annemarie Juris die Frau gewesen ist, die im Erdgeschoss des Hauses Donkring 21 vor 70 Jahren Wandbilder mit britischen Soldaten-Motiven gemalt oder von alten Postkarten abgezeichnet hat?

Kempen: Malte junges Mädchen die Soldaten-Bilder?
Foto: Lübke

Nachdem Kempens Historiker Hans Kaiser anlässlich eines Video-Drehs des britischen Sender BFBS spontan seine Überzeugung kundgetan hatte, dass es sich bei dem unbekannten Künstler um eine Frau handeln müsse, und die WZ darüber berichtete, kamen unabhängig voneinander mehrere Hinweise von WZ-Leserinnen auf die Kempenerin Annemarie Juris. Sie war Ende des Zweiten Weltkriegs, also im Jahr 1945, 18 oder 19 Jahre alt.

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Foto: Lübke

Marlene Nauels, von der Kempener Spedition Nauels an der Hülser Straße, war mit der Tochter des damaligen Sparkassendirektors befreundet. Die heute 88-jährige Krefelderin, eine geborene Berns, erinnert sich sehr gut an diese Zeit der frühen Nachkriegsjahre.

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Foto: Lübke

1943 wurde das Haus von Marlene Nauels’ Eltern, die eine Krawattenfabrikation in Krefeld hatten, zerstört. Familie Berns kam zunächst bei Freunden an der Ludwig-Jahn-Straße in Kempen unter, zog kurz danach in das Haus am Donkring 65.

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Foto: Kerstin Reemen

Artilleriebeschuss am ersten Märztag des Jahres 1945 machte auch diese Bleibe vorübergehend unbewohnbar. Marlene Nauels: „Wir wussten wieder nicht, wohin.“ Schließlich wurde die Familie in der Villa Herfeldt einquartiert. Das Gebäude wurde allerdings kurz darauf von den Amerikanern beschlagnahmt. „Daraufhin zogen wir in die erste Etage des Hauses Donkring 33, in die Wohnung des Sparkassendirektors Juris, der Soldat war.“ Die Wohnung stand zu dieser Zeit frei.

Marlene Nauels über ihre Freundin Annemarie Juris, mit der sie nach dem Zweiten Weltkrieg vorübergehend in ein und derselben Wohnung am Donkring wohnte.

„Eines Tages kam Familie Juris zurück“, erinnert sich Nauels: „Sie nahmen die Situation gelassen. Wir wohnten eine Weile gemeinsam in dem Haus. In dieser Zeit haben Annemarie und ich uns angefreundet.“

Annemarie Juris sei sehr talentiert gewesen. „Sie zeichnete, wo sie ging und stand. Sie schrieb keinen Brief ohne eine Zeichnung. Es war allgegenwärtig, dass sie malen konnte.“ Später sollte Annemarie an der Folkwang-Schule in Essen studieren, ehe sie einige Jahre später als Ehefrau von Rolf Schönfelder in die Schweiz zog.

Als die junge Marlene in Kempen nach Kriegsende ihren zukünftigen Mann kennenlernte und mit ihm eines der ersten Kostümfeste besuchte, hat Annemarie Juris die beiden Kostümierten auf einer Kachel verewigt. Diese Kachel besitzt Marlene Nauels immer noch, ebenso wie einen Brief der früheren Freundin, die wie sie die Oberschule für Mädchen besucht hatte. Nauels: „Leider ist sie schon verstorben.“

Die Wandbilder aus dem Haus Donkring 21, über die sie in der WZ gelesen habe, hätten sie sehr an eine von Annemarie bemalte Dose erinnert, die aber leider nicht mehr in ihrem Besitz sei.

Die Wohnung am Donkring, die räumliche Nähe zur britischen Kommandantur, mögliche Kontakte von Bankdirektor Juris zu den Briten — das sind Indizien dafür, dass die Freundin von damals die Malerin der Soldaten-Bilder gewesen sein kann. Annemarie habe aber nie von Zeichnungen im Auftrag der Briten erzählt, sagt Marlene Nauels.

Nicht nur eine, sondern fünf von Annemarie Juris bemalte Kacheln hat die Kempenerin Inge Vietoris, geborene Plenker, in ihrem Besitz. Die Kacheln mit Märchenmotiven waren Teil eines Couchtisches, den Annemarie im Jahr 1948 im Auftrag von Inge Plenkers Eltern angefertigt hat. „Mein Vater und Herr Juris kannten sich von der Kasse“, erzählt Inge Vietoris. Sie selbst war damals 14 Jahre alt und seit Kindertagen ein Fan von Märchen — bis heute. „Daher wohl auch die Motivauswahl mit Rotkäppchen, Dornröschen und Aschenputtel.“ Annemarie sei sehr talentiert gewesen, erinnert sich die Kempenerin.

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