Mensch & Stadt Das Tanzkostüm kommt jetzt in den Kleiderschrank

St. Hubert · Nach neun Jahren als Tanzmariechen bei der Prinzengarde Kempen 1978 verabschiedet sich Laura Willmen. Die 27-Jährige wird Mutter.

 Die St. Huberterin Laura Willmen zieht ihre Uniform nicht mehr an. Sie betreut aber weiter den Nachwuchs.

Die St. Huberterin Laura Willmen zieht ihre Uniform nicht mehr an. Sie betreut aber weiter den Nachwuchs.

Foto: Wolfgang Kaiser

. Das Tanzkostüm hängt sorgsam verpackt im Kleiderschrank. Die roten Tanzstiefel, Größe 41, stehen darunter. „Die Stiefel behalte ich auf jeden Fall als Erinnerung, zumal sie eh nahezu durchgetanzt sind. Ob das Kostüm in den Fundus kommt, muss der Vorstand entscheiden“, sagt Laura Willmen. Dabei spiegelt ihr Blick ein lachendes und ein weinendes Auge wider. Nach neun Jahren als Tanzmariechen in der Prinzengarde Kempen hängt sie die Tanzstiefel an den Nagel. Der Grund dafür ist allerdings ein freudiger. Die 27-Jährige erwartet ihren ersten Nachwuchs.

„Ich freue mich riesig. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt“, berichtet Willmen, die von Beruf Hebamme ist und bereits vielen Babys auf die Welt geholfen hat. Das Tanzen begleitet sie nahezu ihr ganzes Leben lang. Die St. Huberterin war gerade mal dreieinhalb Jahre alt, als es mit dem Tanzen losging. „Ich habe schon als Kind Spaß am Tanzen gehabt. Die Schwiegertochter von Irene Härtel, der Karnevalsprinzessin und Gründerin der Stadtgarde Kempen, war meine Erzieherin in der Kita. Darüber entstand der Kontakt“, erzählt sie.

Ihre Mutter, die ihre Tanzbegeisterung kannte, fragte sie damals, ob man mal bei Irene Härtel vorbeischauen sollte. Die Dreijährige wollte, und so begann die Tanzkarriere. Damals befand sich der Trainingsraum noch im Keller der Familie Härtel. Laura Willmen tanzte als Kind und als Jugendliche nonstop durch. „Wir sind nicht nur im Karneval aufgetreten, sondern haben auch leistungsmäßige Tanzturniere besucht“, erzählt sie. Tanzen ist schließlich ein ganz normaler Sport, der einiges von den Aktiven abverlangt. Es geht um Gleichgewicht, Koordination, Motorik, Beweglichkeit, Kraft und nicht zu vergessen, viel Spaß an der Bewegung an sich.

Mit 18 Jahren trat sie in die Kempener Prinzengarde ein

Laura Willmen erzählt von einer schönen Gemeinschaft. Der Tanzsport in dieser Form ist ein Teamsport, bei dem es auf jeden einzelnen Mittänzer ankommt und alle gemeinsam das Ganze bilden. Das präge schon in jungen Jahren, meint sie. Die gute Laune beim Karneval, die Auftritte und das gemeinsame Feiern kommen dazu. Ans Aufhören hat die St. Huberterin nie gedacht. Dafür steckt zu viel Herzblut im Tanzsport.

Mit 18 Jahren trat sie als Tanzmariechen in die Kempener Prinzengarde ein. „Ich glaube, der Wunsch, Tanzmariechen zu werden, steckt in jeder jungen Tänzerin. Bei mir war es auf jeden Fall so“, sagt Laura Willmen. Allerdings steht dahinter weiteres hartes Training. Das Tanzen erfordert eine Menge an Kondition. Die Hebefiguren stellen hohe Ansprüche an Tanzoffizier und Tanzmariechen. „Es ist ein Hochleistungssport“, meint die 27-Jährige.

Training ist das A und O und das nahezu über das ganze Jahr verteilt. Einer kurzen Pause nach Karneval folgen bereits die nächsten Trainingseinheiten. Während die ganze Garde im Herbst und Winter zusammen in der Turnhalle des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums in Kempen trainiert, sind die Mariechen und Tanzoffiziere der Prinzengarde schon den ganzen Sommer über aktiv. Die drei Paare treffen sich mit ihrer Trainerin wöchentlich zu einem rund dreistündigen Training. 100-prozentiges Vertrauen zum Tanzpartner ist dabei ein Muss. „Sobald man als Tanzmariechen die Füße vom Boden nimmt, kann man nur noch mit der eigenen Körperspannung helfen. Der Rest liegt beim Tanzoffizier. Ohne Vertrauen geht da gar nichts“, berichtet Laura Willmen aus ihrer langjährigen Erfahrung.

Sie tanzte in den vergangenen neun Jahren mit vier verschiedenen Tanzpartnern, wobei zuletzt für zwei Jahre Nils Leenen ihr Partner war. Das nunmehr dritte Paar Tanzstiefel ist im Gebrauch, die anderen beiden waren schon völlig durchgetanzt. „Es ist nicht einfach aufzuhören, aber der Grund dafür ist schließlich ein wunderschöner“, sagt sie lächelnd. Zudem sie eigentlich nicht so richtig aufhört.

Sie geht zwar der zeitintensiven Aufgabe als Tanzmariechen nicht mehr nach, kümmert sich aber um den Nachwuchs. Zusammen mit Alessa Gerdes trainiert Willmen seit drei Jahren die Gardepänz. Dabei handelt es sich um die Kinder der Prinzengarde, eine Gruppe von 14 Mädels im Alter zwischen fünf und 18 Jahren. Das möchte die 27-Jährige auf jeden Fall weitermachen, denn ihr liegt die Kinder- und Jugendarbeit am Herzen. Und so ganz ohne Tanzen geht es einfach nicht.

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