Lange Nacht des Stechens

Bis in die Morgenstunden dauerte die „Tattoo Night“. Rund 250 Besucher kamen — und viele gingen mit einem neuen Schmuckstück unter der Haut.

Kempen. „Der Diamant ist mein Glückssymbol“, sagt Angie, während ihr Tätowierer Ingo Merten drei der schönen Steine auf die rechte Schulter sticht.

Ihr erstes Tattoo ließ sich die 18-Jährige im April 2008 stechen: Den Vornamen ihrer Mutter auf den Nacken. „Das hat nicht jeder“, begründet die junge Kempenerin ihr Faible für gestochen scharfen Körperschmuck.

Sie war eine von vielen Gästen bei der dritten „Tattoo-Night“ von Samstag auf Sonntag im Studio Lucky Tattoo an der Mülhauser Straße 7.

Auch Angies beste Freundin war dabei: „Ein Tattoo ist etwas Individuelles, was für immer bleibt — eine Erinnerung fürs Alter.“ Auch, wenn sie offen mit dem Thema umgeht, möchte sie lieber unerkannt bleiben: „Mein Vater ist da nicht begeistert von“, sagt sie.

Das Prinzip der „Tattoo-Night“: 20 Prozent Rabatt fürs Stechen von Piercings, Standard-Piercings für kleines Geld. Und die Einnahmen aus dem Stechen der Tattoos fließen in die Arbeit des Fördervereins für krebskranke Kinder Krefeld.

Diese Aktion nutzte auch Bianca Brinkmann aus St. Hubert: „Mein Tattoo muss nachgestochen werden. Ich habe es in einem Krefelder Studio machen lassen, war mit dem Ergebnis aber gar nicht zufrieden“, sagt sie.

Lucky Tattoo-Chef Willy Gößele nickt: „Farbe und Pflege sind entscheidend. Eigentlich sollte ein Tattoo nicht nachgebessert werden müssen.“ Dann führt er die elektrisch surrende Tätowiernadel über den rechten Unterarm seiner Kundin, bessert den Schriftzug — das Geburtsdatum und den Namen ihres Sohnes Luis — mit freier Hand nach.

Sein Kollege Ingo Merten vom Studio Namasté Tattoo Art aus Wesel hat ebenfalls vom Empfangsraum in den Partykeller des Hauses an der Mülhauser Straße gewechselt: „Da oben wird zu viel geraucht. Da tränen einem die Augen.“ Ein klarer Blick und scharfe Sinne sind wichtig — im Hintergrund läuft harte Rockmusik.

Apropos tränende Augen: „Ich habe gedacht, das zwiebelt mehr“, sagt Marco aus Kaldenkirchen über den Schmerz beim Tätowieren. Der 20-Jährige entschied sich für sein erstes Motiv, zwei Sterne auf dem rechten Unterarm: „Dazwischen kommt noch der Schriftzug ‘family´“, kündigt er an und erzählt vom Stellenwert seiner Angehörigen für ihn.

Erst mit 55 Jahren hat sich Brigitte Meins zum Körperschmuck durchgerungen: „Die Entscheidung habe ich meiner Familie an Weihnachten mitgeteilt“, erzählt die Hamburgerin. Zu Ehren ihres Namens, den sie bei einem Internet-Radiosender verwendet, möchte sie „Eowyn“ auf die Außenseite des rechten Knöchels tätowiert haben.

„Willy habe ich übers Internet-Radio kennen gelernt“, sagt die Frau, die von „Herr der Ringe“ begeistert ist und die bald den Namen der Prinzessin vom Reitervolk Ruhan auf der Haut tragen wird.

Währenddessen hatte Piercer „Jojo“ ebenfalls gut zu tun — im Vorraum des Studios tummelten sich seine Kunden dicht an dicht. Mit Körperkunst Gutes tun — das kam gut an. Im nächsten Jahr soll es weitergehen.

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