Kunst mit Überraschungen

Der Kempener Bildhauer Gert Kampendonk arbeitet in der Abtei Mariendonk.

Kempen. Nur gucken, nicht anfassen: „Vorsicht, bitte nicht berühren!“ steht auf einem kleinen Zettel am Sockel. Darüber eine gläserne Skulptur, rund, einer erstarrten Wassersäule gleich, die je nach Lichteinfall in grünlichen Schattierungen schimmert. „Das Glas ist mehrfach bearbeitet, geschmolzen, gebrochen, neu zusammengefügt“, deutet Gert Kampendonk seine Methode an. Der Bildhauer aus Kempen hat es mit Materialien, die sich auf den ersten Blick gar nicht dazu eignen scheinen, ihnen eine abstrakte Form zu geben. Überhaupt steckt der Künstler voller Überraschungen.

Ächzen, stöhnen, schwitzen: Kampendonk muss sich anstrengen, die nicht einmal große Skulptur hochzuwuchten. Ganz schön gewichtig, das Glaskonstrukt, ihr Schöpfer schlank, aber drahtig. Kunst hat offensichtlich auch mit Arbeit und Ausdauer zu tun, will man widerspenstigen Materialien eine Form abgewinnen: „Ich werke gern mit Glas, Metall, Beton, Holz.“ Kunst ist bei ihm nicht nur das fertige Produkt, sondern auch der Prozess.

Kampendonk — der Name ist bekannt in Kempen: „Viele kennen noch meinen Vater Hermann Kampendonk“, weiß der Spross der alteingesessenen rheinischen Künstlerfamilie Campendonk, so die frühere Schreibweise. Die Gemälde seines Vaters Hermann, der 1994 starb, galten und gelten nicht nur in der Region Kempen und Krefeld. Gert hat sich der Bildhauerei verschrieben, sein Sohn Nils der Fotografie.

Die Bildhauerei verschafft Gert Kampendonk Anerkennung in Künstlerkreisen, einem breiten Publikum ist er noch nicht so bekannt. „Ich hatte ja nur wenig Zeit, mich zum Beispiel um Ausstellungen zu kümmern“, nennt der Kempener als Grund.

Früh schon fertigte er Zeichnungen und Skulpturen, studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie. Alte Aufnahmen zeigen ihn zusammen mit dem niederrheinischen Kunstguru Joseph Beuys. Doch der bescheidene junge Künstler setzte damals nicht auf eine Karriere als Freischaffender, sondern ging als Familienvater auf Nummer sicher: „Ich nahm die Anstellung als Kunstlehrer an der Realschule Kaldenkirchen an.“ Als Lehrer für Kunst und Technik bewies Kampendonk, dass Kreativität nicht nur in eigenen Werken zum Tragen kommt: „Ich glaube, ich konnte manchen was vermitteln, kriege noch immer Rückmeldungen von Schülern, die heute in kreativen Berufen arbeiten.“

Dann der Drang, mehr Zeit fürs eigene künstlerische Schaffen zu haben — Altersteilzeit, Ruhestand, Ausstellungen etwa im Atelier van Eyck in Leuth oder in der Alten Fabrik in Kaldenkirchen — und viel Lob. „Darüber freue ich mich“, gibt der 65-Jährige zu, der ländlich am Rande Kempens wohnt und werkelt; gleich hinter der Stadtgrenze liegt die Abtei Mariendonk.

Dort arbeitet er in Ruhe mit Holz und Beton und Metall. Kreiert dazu gläserne Modelle in Form von Wassersäulen, die man nicht berühren soll — Glaskanten können scharf sein, Fingerabdrücke die Lichtwirkung stören. Einen Namen haben solche Werke auch, wie Kampendonk verrät: „Isolatoren.“

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