Kommunalwahl Kreis Viersen: Den Städten gehen die Wahllokale aus

Kreis Viersen · Wegen der Corona-Einschränkungen darf wohl in Kitas oder Altenheimen nicht gewählt werden – es könnte zu Veränderungen der Bezirke kommen. In Kempen, Grefrath, Willich und Tönisvorst wird am Plan B gefeilt.

 Damit Besucher empfangen werden können, stehen derzeit am St. Peter-Stift Pagodenzelte. Die Nutzung des Seniorenheims als Wahllokal im September ist nicht vorgesehen.

Damit Besucher empfangen werden können, stehen derzeit am St. Peter-Stift Pagodenzelte. Die Nutzung des Seniorenheims als Wahllokal im September ist nicht vorgesehen.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Seniorenheim St. Peter-Stift, Kindertagesstätte Spatzennest, Grundschule Tönisberg und Kindergarten Bärenstark in St. Hubert – schon dieser Auszug aus der Liste der Kempener Wahllokale macht deutlich, dass die Stadt bei der Durchführung der Kommunalwahl am 13. September vor einem Problem stehen könnte. In Kempen und allen anderen Kommunen NRWs macht man sich derzeit Gedanken, wo denn eigentlich gewählt werden kann. Denn wegen der Corona-Pandemie dürfen diverse Einrichtungen derzeit nur äußerst eingeschränkt betreten werden. So müssen Eltern ihre Kinder, die schon in die Kita dürfen, an der Tür abgeben. Und insbesondere in Seniorenheimen gelten besondere Vorschriften für Besucher, wenn die Pflegeeinrichtungen denn überhaupt schon wieder geöffnet sind.

Zu einem weiteren Problem könnte es bei der Suche nach Wahlhelfern kommen. Wegen eines bestehenden Ansteckungsrisikos dürften viele auf eine Aufgabe, die im Kontakt mit vielen Menschen ausgeführt werden muss, verzichten wollen.

Auf Landesebene macht sich die Politik daher Gedanken, was mit Blick auf den Wahltermin zu tun ist. Und nun gibt es einen konkreten Gesetzesentwurf von CDU, SPD und FDP, der am Mittwoch im Landtag behandelt werden soll. Darin heißt es, dass eine Veränderung der Stimmbezirke in Betracht gezogen werden sollte. „Die Obergrenze für die Einteilung von Stimmbezirken wird von 2500 auf 5000 Einwohner verdoppelt, so dass die Gemeinden die Option erhalten, die Anzahl der benötigten Urnenwahlvorstände und -wahlräume bei Bedarf deutlich zu reduzieren“, so der Lösungsvorschlag der drei Landtagsfraktionen.

„Wegen eines bei andauernder Corona-Pandemie zu erwartenden signifikant höheren Briefwähleranteils würden weniger Urnenwahlräume voraussichtlich nicht zu einem Wählerandrang führen, der dem Infektionsschutz zuwiderliefe“, heißt es weiter in dem Gesetzesentwurf. Gegebenenfalls könne der Zutritt zu den Wahlräumen reguliert werden. Ferner müssten in den Wahllokalen entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen werden (Sicherstellung der Mindestabstände, Vorschriften zur Desinfektion etc.).

Ein zweiter Schwerpunkt der Gedanken der Landespolitik liegt auf kleineren Parteien und Wählergemeinschaften. Insbesondere diese haben es schwer, die entsprechenden Wahlvorschriften in diesem Jahr zu erfüllen. Erklärt am Beispiel der neu gegründeten Grefrather Wählergemeinschaft GOVM. Diese müsste laut Gesetz zunächst eine Liste mit Unterstützerunterschriften liefern, um überhaupt bei der Wahl antreten zu dürfen. Diese Zahl orientiert sich an der Zahl der Einwohner in der Gemeinde. Wegen der Corona-Einschränkungen konnte GOVM bislang keine Aktionen durchführen, um diese Unterschriften beizubringen. Ginge es nach dem bestehenden Wahlgesetz, müsste GOVM etwa 170 Grefrather auf der Unterschriftenliste haben. Um eine Erleichterung zu schaffen, schlagen CDU, SPD und FDP in NRW vor, dass die erforderliche Zahl auf „60 Prozent der ansonsten vorgesehenen Anzahl abgesenkt wird“.

Ebenso könnten Fristen verlängert werden, damit Parteien und Wählergemeinschaften die entsprechenden Unterlagen noch rechtzeitig einreichen können. Derzeit schreibt das Kommunalwahlgesetz vor, dass Wahlvorschläge bis zum 59. Tag vor dem Wahltermin eingereicht werden müssen. Geht es nach CDU, SPD und FDP könnten elf Tage mehr zur Verfügung stehen. Im Gesetzesentwurf ist vom 48. Tag vor der Wahl die Rede. Dieser Vorschlag könnte auch die Terminproblematik für die entsprechenden Aufstellungsversammlungen in den kommenden Wochen etwas entzerren.

In den Städten laufen
alternative Ideensammlungen

Eine Nachfrage bei den Kommunen ergab am Montag unterschiedliche Herangehensweisen an mögliche neue gesetzliche Bestimmungen. Aus dem Willicher Rathaus hieß es, dass sich die Stadt mit verschiedenen Konstellationen befasse. Die Verantwortlichen hätten aber noch keine Entscheidungen getroffen und warten auf Konkretes aus Düsseldorf.

Konkreter geht bereits die Stadt Tönisvorst vor. „Mit Mail vom 21. Mai liegt uns der Gesetzentwurf zur Kommunalwahl vor. Auf dieser Grundlage laufen aktuell die Planungen an. Vorbehaltlich des Andauerns der Pandemie würden wir dabei versuchen, auf alle Wahllokale zu verzichten, die bisher in Bereichen eingerichtet waren, die vor dem Hintergrund der Pandemie nun zu den  sensiblen Bereichen gehören“, so die Antwort aus der Tönisvorster Pressestelle. Heißt, dass die Stadt plant auf Wahllokale in Kindertageseinrichtungen, Schulen, Altenheimen oder im Krankenhaus zu verzichten. Wie das in Gänze zu bewerkstelligen ist, scheint völlig offen. Denn bei der Kommunalwahl 2014 waren in Tönisvorst 16 von 19 Wahllokalen in Kitas, Schulen oder Seniorenheimen untergebracht.

In Kempen ist die Lage ähnlich wie in Tönisvorst. Nur das Rathaus, das St. Huberter Forum, das Haus für Familien und das Bürgerhaus in Voesch fallen nicht in die Beispiel-Gruppe mit Kitas, Schulen und Altenheimen. „Wir machen uns Gedanken über einen Plan B. Solange aber nichts Konkretes aus Düsseldorf vorliegt, macht es keinen Sinn etwas festzulegen“, so Ralph Braun vom Kempener Hauptamt. Daher warte man ab, was nun vom Land entschieden wird. Klar ist nach Angaben von Braun nur, dass das St. Peter-Stift nicht als Wahllokal genutzt wird. 

In Grefrath geht man davon aus, dass der Landtag bis Ende der Woche anhand des Gesetzesentwurfes eine Entscheidung treffen wird. „Bis dahin warten wir noch ab“, so Pressesprecher Jürgen Heinen. „Dann wird es aber Zeit.“ Denn wie andere Kommunen auch stünde Grefrath vor großen Herausforderungen, andere Vorgehensweisen oder neue Wahllokale zu organisieren. Neben Kitas, Schulen und Seniorenheimen bräuchten die Kommunen auch konkrete Ansagen zu Jugendheimen und vergleichbaren Einrichtungen, so Heinen.

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