Analyse Kreis Viersen: AfD arbeitet aus der Deckung

Kreis Viersen · Analyse Mit Blick auf die Kommunalwahl 2020 verhält sich die rechtspopulistische Partei im Kreis Viersen noch ruhig. Nur in Nettetal gibt es nun eine Liste mit Kandidaten.

 Ein Teilnehmer einer Europawahlversammlung trägt eine Kappe mit dem Logo der AfD.

Ein Teilnehmer einer Europawahlversammlung trägt eine Kappe mit dem Logo der AfD.

Foto: dpa/Sebastian Willnow

Es sind noch gut zehn Monate bis zur Kommunalwahl. In den Städten und Gemeinden des Kreises Viersen geht es bei den Parteien nun vermehrt um personelle und inhaltliche Entscheidungen. Auffällig ist, dass die Alternative für Deutschland (AfD) in dieser Phase nicht sonderlich auffällig ist. Schließlich hatte Kreissprecher und Bundestagsabgeordneter Kay Gottschalk schon im April kundgetan, dass bei den Kommunalwahlen mit der AfD zu rechnen sei. Wie und wo – das zeigt eine Analyse zum Zustand der AfD im Kreis Viersen.

Am weitesten ist die rechtspopulistische Partei im Stadtverband Nettetal. Dort, wo die AfD es schon 2014 mit drei Sitzen in den Stadtrat geschafft hatte, um sich kurze Zeit später nach großem Streit aufzusplitten, sei nun eine Kandidatenliste für 2020 aufgestellt worden. Das teilte der stellvertretende AfD-Kreissprecher Burkhard Laborius aus Grefrath mit. Am 26. Oktober habe der Nettetaler Stadtverband sieben Kandidaten für Wahl- und Reserveliste aufgestellt.

Nettetaler AfD-Versammlung
ohne Öffentlichkeit

Die Versammlung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – die Presse war wie schon in der Vergangenheit nicht eingeladen. Auf Nachfrage teilte Laborius mit, dass sich das möglicherweise ändern wird: „Obwohl wir in der Vergangenheit von der lokalen Presse gemieden und diffamiert wurden, möchten wir hiermit einen neuen Anlauf starten. Wir erwarten eine objektive und sachliche Berichterstattung. Im Gegenzug sind wir bereit, die Presse zu unseren Veranstaltungen einzuladen.“

21 Mitglieder waren bei der Nettetaler Versammlung, so die AfD auf Nachfrage. Insgesamt habe der Verband in der Seenstadt 27 aktive Mitglieder. Gewählt wurden in der Reihenfolge eins bis sieben: Lothar Kronauer, Erich Wolters, Harry van Kempen, Detlef Helberkamp, Peter Domke, Peter Reulen und Walter Bonke. Wahlergebnisse veröffentlichte die AfD nicht. Auf Nachfrage heißt es: „Alle Kandidaten erzielten die maximale Anzahl an abgegebenen Stimmen.“

Kein sonderlich  großer
Zulauf bei den Mitgliederzahlen

Einen sonderlichen Zulauf an aktiven Mitgliedern verzeichnet die AfD im Kreis Viersen nicht. Das zeigt ein Vergleich der Zahlen, die die AfD im Februar und jetzt auf Nachfrage der WZ mitgeteilt hat. Im Februar habe die Partei kreisweit 108 aktive Mitglieder gehabt, jetzt seien es 115. Neben Nettetal gibt es laut Parteiangaben zwei weitere Stadtverbände. Einen in Kooperation in Kempen und Grefrath mit 19 aktiven Mitgliedern. Bei der Gründung Anfang 2018 waren es laut AfD 18 Mitglieder. Damals seien sechs Kempener dabei gewesen. Die anderen zwölf seien „in Grefrath beheimatet“, so eine AfD-Antwort im Januar 2018.

Einen weiteren AfD-Stadtverband gibt es in Viersen. Diesen gibt es laut AfD seit 31. Mai. Derzeit gebe es in Viersen 29 aktive Mitglieder.

Verwirrung wegen der Existenz eines Willicher Stadtverbandes

Angekündigt hatte die AfD bereits im April 2019, dass auch Willich bald einen Stadtverband der Partei haben wird. Dies teilt Laborius auf Nachfrage nun erneut mit: „Weitere Stadt- und Gemeindeverbände befinden sich im Aufbau, darunter der Stadtverband Willich und die Gemeindeverbände Schwalmtal-Niederkrüchten.“ Mit Blick auf Willich herrscht indes Unklarheit, weil dort eigentlich schon 2016 ein Stadtverband gegründet worden war. Zumindest teilte die AfD das damals via Facebook mit. Fünf Mitglieder waren auf einem entsprechenden Foto in dem sozialen Netzwerk zu sehen. Bei der Gründungsversammlung sollen „19 Mitglieder und Gäste“ gewesen sein. Seither hat man von Aktivitäten eines bestehenden Verbandes in Willich nichts mehr gehört. Bis auf die mehrfache Ankündigung, dass es dort bald (wieder) einen Verband geben soll.

Zur Wahl ist kein eigener
Stadtverband nötig

Keine Ambitionen, eigene Stadtverbände zu gründen, gibt es offenbar derzeit in Tönisvorst und Brüggen. Was zu der Frage führt, ob eine Partei überhaupt in einer Stadt oder einer Gemeinde zur Wahl antreten kann, wenn es dort keine Verbandsstrukturen gibt. Das ist grundsätzlich möglich, wie der Kreis Viersen auf WZ-Anfrage bestätigt. Ein eigener Stadtverband sei nicht vonnöten, um die Teilnahme an der Wahl zu beantragen. Es müssten lediglich drei Mitglieder der Partei im Stadt- oder Gemeindegebiet gemeldet sein. Die detaillierte Antwort des Kreises Viersen steht im Info-Kasten.

Inhaltlich hält sich die AfD bei kommunalen Themen sehr bedeckt. In den vergangenen Monaten gab es seitens des AfD-Kreissprechers Gottschalk die eine oder andere Verlautbarung zu lokalen Themen. Zum Beispiel zur Schließung eines Büros des Bürgerservices in Oedt und zu Kita-Beiträgen in Kempen. Bei letzterem Thema wurde der fraktionslose Ratsherr Jeyaratnam Caniceus rassistisch beleidigt. Dieser hatte gemeinsam mit der CDU für eine – laut kommunaler Satzung ohnehin vorgeschriebene – Erhöhung von Elternbeiträgen gestimmt. „Dass sich ausgerechnet der fraktionslose Ratsherr Jeyaratnam Caniceus (aus Sri Lanka stammend) hier zu Lasten der Kempener Eltern mit der CDU verbündet, kann nur Kopfschütteln hervorrufen“, lautete die rassistische Aussage in einer AfD-Mitteilung von März 2019.

Provokante Facebook-Posts
im Namen der AfD Kreis Viersen

Die jüngste Presseerklärung zum Nettetaler Verband ist nicht mit inhaltlichen Aspekten versehen. Lothar Kronauer, einziger AfD-Ratsherr in Nettetal, habe erklärt, dass „die gesamte Nettetaler AfD trotz zahlloser, zum Teil diffamierender Kampagnen“ weiterhin auf Kurs bleiben wolle. „Da kann kommen, was will; wir stehen für unsere konservativen Werte ein“, so Kronauer, ohne inhaltlich konkreter zu werden.

Da widmet sich die AfD offenbar lieber überregionalen Themen. So postet und kommentiert der Grefrather AfD-Funktionär Herbert Meiers-Fischer im Namen der Kreis-AfD bei Facebook einen Tagesschau-Artikel zu den Morddrohungen aus dem rechten Lager gegen Cem Özdemir und Claudia Roth (beide Grüne). „Was für ein Gewese. Selbst eine völlig unbedeutende Person wie ich hat schon Morddrohungen erhalten. So einen Blödsinn lösche ich und gut ist’s. Da schlaf ich noch nicht einmal schlechter, sondern vergesse das sofort“, schreibt Meiers-Fischer. Eine provokante Äußerung, die auf den Facebook-Seiten der AfD keine Ausnahme ist.

Mit Blick auf die Bürgermeister- und Landratswahlen gibt es vonseiten der AfD noch keine Kandidaten. Es gebe aber Pläne, so Burkhard Laborius: „Entsprechende Kandidaten sind aber noch nicht bekannt.“ Kay Gottschalk hatte jüngst im Zusammenhang mit dem Posten des Landrats auf WZ-Anfrage folgende Stellungnahme abgegeben: „Die Idee einen eigenen Kandidaten ins Rennen zu schicken, wird aber als grundsätzlich für sehr erwägenswert gehalten.“

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